Allan Savory Blog - auf Deutsch

Ganzheitliches Management (nach Allan Savory)
Manfred
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Allan Savory Blog - auf Deutsch

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2016 hatte Allan Savory angefangen, einen Blog zu schreiben.
Ich hatte einige seiner Beiträge ins Deutsche übersetzt und auf selbstvers.org veröffentlicht.

Jetzt kopiere ich diese Beiträge hier rein.


Manfred
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Re: Allan Savory Blog - auf Deutsch

Beitrag von Manfred »

Beitrag 1

Quelle: http://savory.global/allanUncensored/We ... y-new-blog

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Willkommen auf meinem neuen Blog

22.Februar 2016

Herzlich willkommen auf meinem neuen Blog. Ich möchte eure Aufmerksamkeit auf ein Thema richten, das entscheidend für die Zukunft der Menschheit auf diesem Planeten ist, und euch ermutigen mitzumachen und mit zu diskutieren.

Wir stehen vor einer Vielzahl von Herausforderungen – Drogen, Armut, Gewalt, religiöser Fanatismus, Terrorismus, Wilderei die Nashörner, Schuppentiere anderen Tierarten an den Rand der Ausrottung bringt, zunehmende Dürre- und Flutkatastrophen, eine Landwirtschaft, die weltweit jedes Jahr 20 mal mehr Boden durch Erosion verliert als sie Nahrung produziert, Enttäuschung über unsere Regierungen, die Einkommensverteilung, Umwelt-Flüchtlinge, Migranten, die auf dem Weg nach Europa im Meer ertrinken, neue Krankheiten – um nur einige zu nennen.

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Beim Umgang mit diesen Problemen sitzen wir alle in einem Boot, unabhängig von Rasse, Hautfarbe, Religion, politischer Überzeugung, Reichtum oder Armut, Geschlecht oder Nationalität. Das Team Menschheit ist in diesem Boot zusammengepfercht und befindet sich im Sturm auf hoher See. Während ein gewaltiger Tsunami auf uns zurollt, versuchen wir verzweifelt, die vielen Löcher in unserem Boot zu stopfen.

Millionen fürsorglicher Menschen, intelligenter als ich, diverse Organisationen, wohltätige Stifter, Regierungen und internationale Agenturen tun ihr Bestes, um all diese und weitere Problemen zu beheben.

Die vielen Probleme der Menschheit mit Lecks in einem Boot zu vergleichen, weckt lebhafte Erinnerungen in mir. Vor 59 Jahren überquerte ich die Sumbu-Bucht des Tanganyika-Sees in einem kleinen Boot aus Holzplanken, zusammen mit meiner Frau, zwei Fährtenlesern und der Nanny mit unserem Baby im Arm. Der aufziehende Sturm war nicht unsere Sorge, obwohl zwischen den morschen Planken unseres Bootes beständig Wasser einsickerte, das die zwei Fährtenleser gemächlich wieder herausschöpften. Doch plötzlich leckte immer mehr Wasser ins Boot. Zwischen all dem Gepäck konnten wir das Leck nicht finden. Während ich das Boot steuerte und im zunehmenden Sturm das Leck suchte und die Nanny das Baby festhielt, schöpften meine Frau und die zwei Scouts mit allen verfügbaren Hilfsmitteln panisch das eindringende Wasser über Bord. Endlich und in Lebensangst erreichten wir den Strand. Direkt vor den Füßen der Nanny war ein dicker Ast aus einer Planke geploppt. Nur sie hatte sehen können, wo das Wasser eindrang. Doch da sie mit der Situation überfordert war, hatte sie sich nur versteinert vor Angst mit dem Baby im Arm zusammengekauert. Sie hätte einfach nur ihren nackten Fuß auf das Astloch drücken brauchen, hatte aber die Bedeutung dieses einen Lecks nicht verstanden, weil wir ja diverse Lecks im Boot hatten und schon die ganze Zeit Wasser schöpften.
Genau diese Situation erlebe ich heute wieder: Die Menschheit sitzt in einem sinkenden Boot und schöpft Wasser von tausenden von Lecks, während wir das eine große Leck direkt vor unseren Füßen übersehen, welches unser Schicksal bestimmt.
Dieses eine Leck vor unseren Füßen ist das reduktionistische Management in einer ganzheitlich funktionierenden Welt.
Aber: Schon ein nackter Fuß auf diesem Leck wird unser Boot am Schwimmen halten, während gleichzeitig fast alle anderen Lecks versiegen.
Warum? Weil fast jedes Problem, mit dem wir kämpfen, ein Symptom des derzeitigen Managements und der derzeitigen Strategien ist. Z.B. schiebt die Gesellschaft (und deshalb auch alle Institutionen) den Klimawandel fast vollständig auf die fossilen Energieträger und die Nutztiere.
Ressourcen können aber kein Problem verursachen. Das reduktionistische Management, welches entscheidet, wie diese Ressourcen eingesetzt werden, ist das Problem.

In den wenigen Jahren, die ich evtl. noch genießen kann, will ich meinen Blog nutzen, um, so gut ich kann, klar und einfach das zu erklären, von dem ich glaube, dass es echte Hoffnung für zukünftige Generationen bietet.
Wer meinen Namen googelt, wird viele finden, die dem Holistic Management und meinem TED-Talk zum Thema wie man die Ausbreitung der Wüsten umkehren kann, kritisch gegenüber stehen. Nicht einer meiner wohlmeinenden Kritiker hat sich die Mühe gemacht irgendetwas von dem zu studieren, was ich die letzten 60 Jahre gesagt habe, während ich zunächst darum kämpfte zu verstehen, und dann darum, einen Weg zu finden, wie wir Menschen die Probleme lösen können, die unser Management verursacht.
Deshalb lade ich alle, und speziell die Kritiker ein, mitzumachen und mit zu diskutieren und zu helfen, damit wir einen Fuß auf das Leck zu bekommen, welches das Boot des Teams Menschheit versenkt.

Die eine Ressource, die wir nicht im Überfluss genießen, ist Zeit. Deshalb müssen wir uns auf das Wesentliche konzentrieren und unsere Stimmen erheben.
Ich gelobe öffentlich: Sollte irgendjemand, ob Viehalter, Ackerbauer, vom Studenten bis zum Nobelpreisträger jeden Fachgebiets, Fehler in der Wissenschaft oder der Logik hinter dem ganzheitlichen Management aufdecken oder ein größeres Leck in unserem gemeinsamen Boot finden, dann werde ich der erste sein, der dies anerkennt und der seiner Führung folgt.
Ich freue mich auf eure Beteiligung in jeder Form, während ich weiter Beiträge schreibe, um das Bewusstsein für dieses Thema zu fördern und die Diskussion anzuregen. Ich vertraue darauf, dass das, was wir zusammen lernen, für jeden hilfreich sein wird, der daran arbeitet, die vielen Löcher in unserem Boot zu stopfen.


Manfred
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Quelle: http://savory.global/allanUncensored/Co ... y%27s-boat

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Komplexität versenkt das Boot der Menschheit

29.Februar 2016

In meinem Eröffnungsbeitrag habe ich angekündigt, eure Aufmerksamkeit auf das größte Leck im Boot des Teams Menschheit zu richten. Damit werde ich nun beginnen:

Ich breche eine insgesamt verwirrende Situation auf einzelne, leicht verständliche Teile herunter, und werde daraus in meinen weiteren Beiträgen das Gesamtbild erstellen.
So können wir leichter jeden Teilaspekt diskutieren und versumpfen nicht in einer Mammutsitzung.

Ich beginne mit dem einfachen Grund dafür, wieso trotz all der gutwilligen Menschen, Universitäten, Umweltschutzorganisationen, Regierungen, internationaler Behörden, trotz Billionen-Investitionen in gut gemeinte Projekte, die Ergebnisse so enttäuschend und unbeabsichtigte Nebenwirkungen so gängig sind.
Nehmt als Beispiel die weitgehend gescheiterten aber gut gemeinten UN-Millenniumziele und die kürzlich verkündeten 17 Ziele der UN zur nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development Goals, kurz SDGs). Diese SDGs wurden zu hohen Kosten, gemeinsam durch viele Organisationen, in endlosen Sitzungen durch hochkompetente, fürsorgliche Menschen, mit viel helleren Köpfen als meinem entwickelt.
Fast alle SDGs beziehen sich auf Symptome des gegenwärtigen Managements und der Ausbreitung der Wüsten.
Ich sehe kein einziges SDG, das sich gegen die Ursache der Probleme richtet.
Deshalb können wir schon jetzt vorhersagen: Es wird weitere Enttäuschung und noch mehr unbeabsichtigte Nebenwirkungen geben. Und in ca. 10 Jahren erfolgt dann der nächste Anlauf unter noch schlechteren Voraussetzungen. Und das ist keine nachträgliche Einsicht. Ich habe das Gleiche bereits beim letzten Mal vorhergesagt.

Viele gute Menschen haben die Probleme angesprochen und weithin publiziert – z.B. Wilderei bis zu Ausrottung, Biodiversitätsverlust, Drogen, Terrorismus, Umweltflüchtlinge, ganze Bootsladungen von Flüchtlingen, die auf dem Weg nach Europa ertrinken, der Verfall amerikanischer Kleinstädte - und haben dazu aufgerufen zu handeln.
Millionen von besorgten Bürgen spenden Geld an diverse Umweltschutz- und gemeinnützige Organisationen, die Maßnahmen ergreifen.
Diese Maßnahmen sind es, auf die ich mich hier konzentrieren will. Solange uns nicht klar ist, was die eigentliche Ursache eines Problems ist, wird eine ergriffene Maßnahme (die sich nicht gegen die Ursache des Problems richtet) wahrscheinlich nicht zum Erfolg führen.
Ich denke, da sind wir uns alle einig. Aber wir handeln nicht danach, sondern bekämpfen weiter Symptome statt Ursachen.

Ich verwende wieder das Bild vom Team Menschheit in einem Boot mit vielen Lecks.
Lecks, die immer schlimmer werden, trotz all der guten Menschen und Organisationen, die vergeblich Billionen ausgeben, um die Lecks zu stopfen, weil niemand seinen Fuß auf das größte Leck stellt, das unser Boot beständig volllaufen lässt.
Um es noch einmal klar zu sagen: Die Lecks, die unsere Institutionen stopfen, sind Symptome, während das eine große Leck, die Ursache, unbeachtet unser Boot versenkt.

Das eine große Leck, welches unser Boot versenkt, weil die kleinen Lecks, die es verursacht, Jahr für Jahr schlimmer werden, ist unsere anhaltende Unfähigkeit, mit Komplexität umzugehen.

Was bedeutet das Wort Komplexität und warum ist es so wichtig?
Schaut euch diese zwei Listen an:

1)
-Transport in der Luft, an Land, auf dem Wasser
-Kommunikation durch Radio, TV, Satelliten etc.
-Raumfahrzeuge
-Waffen
-Computer, Roboter
-Dämme, Gebäude, Straßen

2)
-Landwirtschaft
-Ackerbau, Nutztierehaltung
-Wirtschaft
-Finanzen
-politische Leitlinien
-Entwicklungsprojekte
-Zwischenmenschliche Beziehungen
-Bürokratien
-Kirchen
-Regierungsführung

Bei der ersten Liste handelt es sich um Dinge, die wir „herstellen“. Alles was wir herstellen, vom einfachen Bleistift bis zum Raumschiff erfordert Expertenwissen und den Einsatz von Technologie in irgendeiner Form. Was wir herstellen ist nicht selbstorganisierend und funktioniert nicht mehr, wenn ein Teil kaputt geht, der Treibstoff ausgeht, etc.
Ding die wir herstellen, von der Zahnbürste bis zur Autobahnbrücke, von Gebäuden bis zum Raumschiff, tun das, wofür sie entwickelt wurden und nicht mehr. Sie tun nichts Unerwartetes. Wenn Probleme auftreten, sind sie relativ einfach zu beheben. Im Jargon der Systemwissenschaften ist alles was wir herstellen ein kompliziertes, hartes System. Per Definition kompliziert und nicht komplex.

Betrachten wir diese Ding, die wir „herstellen“ sehen wir erstaunliche Erfolge, die uns sogar auf den Mond und in den Weltraum führen. Der technologische Fortschritt verbessert immer schneller unser Leben, unseren Komfort, unsere Unterhaltung. In diesen Bereichen unseres Lebens werden die Dinge besser. Und irgendwelche widrigen Folgen treten erst Jahre später auf und oft weit entfernt von der Ursache, z.B. die Ozonlöcher in der Stratosphäre, verursacht durch von uns gemachte Kühlmittel. Oder der ganze Plastikmüll, der das Leben in den Ozeanen und so indirekt auch unser Leben gefährdet, weit entfernt von den Einkaufszentren.

Und was ist jetzt mit der 2. Liste? Nichts, was wir herstellen, sondern alles Dinge, die wir „managen“. Was mir managen bedarf keines Expertenwissens und keiner Technologie. Alles was wir managen, inklusive unserer Organisationen und Institutionen und der Natur ist „selbst-organisierend“. Unsere Organisationen / Institutionen arbeiten in umorganisierter Form weiter, wenn die Schlüsselpersonen sterben. Und die ganze Natur macht weiter, aber in veränderter Form, jedes Mal, wenn wir eine Art ausrotten oder ihre Zahl zu stark reduzieren, als dass sie in der Wildnis weiter überlebensfähig wäre. Diese Dinge, die wir managen, die selbstorganisierend sind, sind alle komplex. Von menschlichen Organisationen, die als komplexe, weiche Systeme definiert sind, bis zur Natur, einem komplexen natürlichen System.
Unsere menschengemachten Organisationen und Institutionen tun das wofür sie ausgelegt wurden, ähnlich wie Dinge, die wir herstellen. Aber, da sie komplex sind, zeigen alle Organisationen auch ungeplante, „auftauchende“ Eigenschaften, die nie beabsichtigt waren. Wenn Probleme auftreten, nennt man diese „bösartige Probleme“, weil sie immer schwerer zu lösen sind.

Während wir gut sind im Herstellen von Dingen, müssen wir leider feststellen, dass es mit den Dingen, die wir managen, weniger gut läuft. Das ist nicht neu. Seit sich vor ca. 10.000 Jahren die ersten städtisch organisierten Zivilisationen gebildet haben, haben die Menschen mit erheblichen Problemen zu kämpfen und viele Zivilisationen in allen Regionen der Erde sind gescheitert.
Jetzt ist die weltweite Zivilisation stärker bedroht als durch alle Kriege, die je gefochten wurden, weil sich der „perfekte Sturm“ in Form der weltweiten Ausbreitung der Wüsten und der Klimaerwärmung über uns zusammenbraut.

Lasst mich auf diese zwei Themen, die ich hervorgehoben habe – globale Wüstenausbreitung und Klimawandel – näher eingehen:

Heute schiebt die Gesellschaft (und deshalb auch unsere Institutionen) die Ausbreitung der Wüsten und den Klimawandel hauptsächlich auf zwei Dinge. Zum einen die Nutztiere, wie wir an der wachsenden Vegetarischen und Veganen Bewegung, und den Leitlinien von Umweltschutz-, Regierungs- und internationalen Organisationen sehen. Und zum anderen die fossilen Energieträger, wie es Al Gore in seinem neuesten TED-talk https://www.ted.com/talks/al_gore_the_c ... ate_change
so gekonnt dargestellt hat, und uns hoffen lässt, dass wir schnell zu alternativen Energiequellen wechseln.

Aber wenn ihr darüber nachdenkt: Fossile Energieträger und Nutztiere sind einfach Ressourcen. Und keine Ressource kann je die Ursache eines Problems sein. Menschen werden Produkte aus fossilen Ressourcen noch die nächsten 10.000 Jahre oder noch länger benötigen und sollten sie auch nutzen können. Aber das wird nicht passieren, wenn wir unsere Köpfe jetzt nicht aus dem Sand ziehen.
Es waren ausschließlich Management- und Richtlinien-Entscheidungen, die fossilen Ressourcen so schnell für billige Energie und obszöne Gewinnmargen zu verbrennen. Wir können und sollten nicht mit dem Finger auf andere zeigen, weil die meisten von uns davon profitiert haben und das Ausmaß des Problems nicht verstanden und die Wenigen ignorierten, die schon vor Jahren warnten. Und die Nutztiere haben keine Kontrolle über unser Management, das dazu führte, wie wir Nutztiere halten und das in den USA und weltweit über Jahrhunderte zur Wüstenbildung geführt hat und das noch heute tut. Ich werde immer wieder darauf hinweisen, dass das Management das Problem ist, und nicht irgendeine unserer Ressourcen. Weil wir nur, wenn die breite Öffentlichkeit diesen Punkt versteht, das Leck verstopft bekommen, das unser Boot versenkt, und wir nur so die Zivilisation, wie wir sie kennen, retten können.

Während wir uns auf die Ausbreitung der Wüsten und den Klimawandel fokussieren, sollten wir nicht vergessen, dass das Management nicht nur hierbei versagt, sondern auf allen möglichen Schauplätzen, durch fehlerhafte Richtlinien und Entwicklungsprojekte. Einzelne Menschen entwickeln keine Richtlinien jenseits ihres Zuhauses. Institutionen entwickeln die Richtlinien. Fast alle menschlichen Bemühungen werden durch unsere Institutionen gelenkt – durch die Richtlinien, die sie entwickeln (inklusive der Gesetze und Regularien) und durch die Entwicklungsprojekte, die sowohl durch die öffentliche Hand als auch durch unsere großen, gut-meinenden, gemeinnützigen Stiftungen finanziert werden.

In meinem nächsten Blogeintrag werde ich den einfachen Grund näher erklären, weshalb wir als Menschen nie in der Lage waren, mit Komplexität erfolgreicher umzugehen, und wie einfach es ist, das zu ändern. Meine große Sorge ist, dass das, was zum Niedergang früherer Zivilisationen führte, wenn wir es nicht schnell ändern, auch unsere weltweite Zivilisation scheitern lässt.
Zum Abschluss möchte ich euch erinnern, dass dies kein Weltuntergangs-Blog ist, sondern einer, von dem ich glaube, dass er größere Hoffnung für die Menschheit bietet, als je zuvor in der Geschichte.

Ich lasse euch jetzt darüber nachdenken und gebe euch Zeit, es zu kommentieren. Macht all dies Sinn für euch? Wenn ja, bitte verbreitet es weiter und ladet andere ein, mitzumachen. Wenn nicht Millionen von Menschen anfangen, über den Hauptgrund, die Wurzel unserer menschengemachten Probleme zu diskutieren, wird unser Boot samt allen an Bord untergehen. Ich kann nur versuchen es so einfach zu erklären, wie ich es vermag. Und ich hoffe, dass genug von euch es wichtig finden, die weltweite Aufmerksamkeit auf das Management zu lenken, statt die Schuld es auf die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen zu schieben.
Wenn irgendwas von dem, was ich geschrieben habe, Sinn für euch macht, dann bleibt bitte nicht apathisch, sondern teilt es und ladet andere ein mitzumachen, speziell diejenigen, die alles kritisiert haben, was ich seit einem halben Jahrhundert sage. Jetzt ist ihre Chance, sich zu äußern und einen besseren Weg zu finden.


Manfred
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Beitrag 3

Quelle: http://savory.global/allanUncensored/Wh ... vilization

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Warum das Management der Komplexität der Schlüssel für das Überleben der Zivilisation ist

07. März 2016

In meiner Begrüßung zu meinem neuen Blog habe ich erklärt, wieso ich das Bild vom Team Menschheit verwende, das zusammen in einem sinkenden Boot sitzt. Viele gute Menschen bemühen sich, das Wasser unzähliger Lecks aus dem Boot zu schöpfen, während sie das eine große Leck ignorieren, welches unweigerlich das Boot versenkt. Mein Bild vom Team Menschheit in einen Boot halte ich für eine perfekte Analogie, weil das eine große Leck im Boden bewirkt, dass das Boot immer tiefer ins Wasser sinkt und so der Wasserdruck auf all die anderen Lecks ständig weiter steigt, was die Gesamtsituation immer schwieriger macht, und immer mehr Wasser ins Boot dringen lässt.
In meinem zweiten Beitrag habe ich erklärt, was unter dem Begriff Komplexität zu verstehen ist. Ein Begriff, den wir oft leichtfertig verwenden, wenn wir ausdrücken wollen, dass etwas kompliziert ist. Kompliziertheit und Komplexität unterscheiden sich aber erheblich, wie ich erläutert habe. Und ich habe darauf hingewiesen, dass im Allgemeinen, und natürlich auch in den Medien, die Menschen diesen Unterschied zwischen Kompliziertheit und Komplexität nicht berücksichtigen. Dieser Fehler ist aus meiner Sicht extrem gefährlich, weil sich über der Menschheit der perfekte Sturm zusammenbraut – die weltweite Ausbreitung der Wüsten und der Klimawandel.

In diesem 3. Beitrag will ich aufzeigen, wieso die Gesellschaft ihre höchste Aufmerksamkeit auf die Komplexität richten muss, wenn wir ernsthaft seltene und nicht ganz so seltene, aber allesamt bedrohte Arten (vom Schuppentier bis zum Menschen) retten wollen.
Bleibt dran. Ich muss diese wesentlichen Grundlagen erklären, bevor ich damit beginnen kann aufzuzeigen, welche unglaublichen Chancen das Management der Komplexität für die Menschheit bietet, und wie viele Menschen damit bereits erstaunliche Veränderungen auf 6 Kontinenten der Erde bewirken.

In ihrem Buch „The Watchman´s Rattle: Thinkig Our Way Out Of Extinction“ (Frei übersetzt: “Die Ratsche des Wächters - Wie wir der Auslöschung entgehen können.”) schreibt die Soziobiologin Rebecca Costa, dass vor langer Zeit nachts Wächter durch die Städte patrouillierten und die Bevölkerung mit einer lautstarken Ratsche alarmierten, wenn sie eine Gefahr entdecken.
Sie verwendet dieses Bild um zu erklären, dass manche vergangene Zivilisationen nicht nur deshalb untergegangen sind, weil ihre Landwirtschaft ihre Umwelt degradierte, sondern auch, weil sie nicht in der Lage waren, mit Komplexität richtig umzugehen. Ihre Bürger, sagt Costa, wandten sich ab vom Wissen (ihrem Äquivalent zur Wissenschaft) und hin zu mehr Menschenopfern, um ihre Götter zu besänftigen, während sie die Probleme auf zukünftige Generationen abwälzten. Evtl. wiederholt sich die Geschichte einfach nur?

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Costas Lösungsvorschlag war, dass wir die sich ständig weiterentwickelnde Technologie nutzen sollten, um schleunigst einen Zusatz-Teil für das menschliche Gehirn zu entwickeln, der mit Komplexität umgehen kann. Jedoch umfassten einige ihrer Beispiele gar keine Komplexität, sondern die Lösung sehr komplizierter Probleme durch kreative Menschen. Und ich glaube nicht, dass wir darauf warten können, das menschliche Gehirn zu verändern, um das Scheitern unserer Zivilisation aufzuhalten. Aber wir müssen lernen, Komplexität erfolgreich zu managen, wie ich erläutern werde. Bleibt dran!

In seinem Beststeller „Voltaire´s Bastards“ (übersetzt: Voltaires Bastarde) listet John Ralston Saul einige der schlimmsten Management-Fehler auf. Vor Voltaire, schreibt er, wurden mehr und mehr Management-Fehler mit Amateuren in Führungspositionen begründet, weil die Menschen Führungsposten erben oder kaufen konnten. Das Zeitalter der Aufklärung oder Vernunft, an dessen Entstehung Voltaire einen wesentlichen Anteil hatte, setzte dieser Praxis ein Ende. Von da an wurden Organisationen und Institutionen durch professionell ausgebildete Personen geleitet, wie es heute weitgehend üblich ist. Napoleon hat diese Praxis mehr als jede andere Führungspersönlichkeit in ganz Europa verbreitet.

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Saul erforschte, was passierte, als die Profis die Amateure ersetzen, um zu sehen, ob die Management-Fehler unter professioneller Führung wirklich weniger wurden. Was er herausfand und durch Fallstudien in verschiedensten Fachgebieten und Situationen belegte, war, dass die Fehler sich alles andere als reduzierten, sondern in Umfang und Häufigkeit deutlich zunahmen.
Eines der bekanntesten Beispiele, das er anführt, ist der von US Verteidigungsminister Robert McNamara in den 1960er Jahren angeschobene weltweite Waffenhandel, um Amerikas immer kostspieligere Waffenentwicklungen bezahlen zu können. Britannien, Frankreich und Russland folgten auf dem Fuß und heute ist der weltweite Waffenhandel eine der größten Industrien der Erde.

Saul schreibt die höhere Häufigkeit der neuzeitlichen Management-Fehler den arbeitsteiligen Organisations-, Regierungs- und Bildungssystemen zu, wo die Menschen isoliert in ihren Silos arbeiten:
Die Realität ist, dass die Unterteilung des Wissens in feudale Machtbereiche des Expertenwissens ein übergreifendes Verständnis und koordiniertes Handeln nicht nur schlicht und ergreifend unmöglich macht, sondern auch noch Verächtlichkeit und Misstrauen sät.
In vielerlei Hinsicht sind die Unterschiede zwischen diversen Sprachen heute weniger tiefgründig als die Unterschiede zwischen den Dialekten der einzelnen Fachgebiete innerhalb der jeweiligen Sprache. Jeder halbwegs strebsame Mensch kann eine oder zwei zusätzliche Sprachen erlernen. Aber die Dialekte der Buchhalter, Ärzte, Politologen, Wirtschaftler, Literaturhistoriker oder Bürokraten sind nur denen zugänglich, die selbst einer werden.


Ich glaube das ist wahr, weil ich selbst über viele Jahre mit Ablehnung und Anfeindung aufgrund von Fachspezialistentums zu kämpfen hatte, während ich den Ganzheitlichen Rahmen für das Management (darüber werde ich in einem späteren Beitrag schreiben) entwickelte. Durch nur 20 Minuten TED-Talk über einen Teilaspekt des Problems https://www.ted.com/talks/allan_savory_ ... anguage=de ist es mir gelungen, mehr Informationen in die Öffentlichkeit zu tragen und mehr Fortschritt zu erreichen, als durch 50 Jahre Kampf gegen den Widerstand der Institutionen.
Aber das Problem mit dem Management der Komplexität durch eine wesentliche Veränderung der institutionellen Silos von innen heraus erreichen zu wollen, wäre in der Tat ein hoffnungsloses Unterfangen.

Wenige Dinge zeigen den nachteiligen Einfluss unserer institutionellen Silos so sehr auf, wie die Herausforderung, Komplexität zu managen. Z.B. werden der Verlust an Biodiversität, die Ausbreitung der Wüsten und der Klimawandel von unterschiedlichen Abteilungen der Universitäten, Umweltschutzorganisationen, Ministerien und internationalen Organisationen und in unterschiedlichen Fachkonferenzen, Magazinen, Reporten und wissenschaftlichen Veröffentlichungen bearbeitet. Natürlich berichten auch die Medien und die meisten Dokumentationen darüber, als wären es voneinander unabhängige Probleme. Und ebenso handhaben es diejenigen, die wir für Anführer und Befürworter eines Wandels halten.
Aber: In der ganzheitlichen Welt in der wir leben, gibt es ohne Biodiversitätsverlust keine Ausbreitung der Wüsten. Wüstenbildung ist ein Symptom des Biodiversitätsverlustes. Und ohne die menschengemacht Ausbreitung der Wüsten umzukehren, wird es nicht möglich sein, viele der weltweiten Probleme zu lösen, inklusive des Klimawandels.
Während sie als 3 unterschiedliche Probleme behandelt werden, sind sie in Wahrheit ein Gesamtproblem, oder drei Fenster ein und desselben Raumes. Aber alleine schon dagegen, auch nur eine gemeinsame Konferenz abzuhalten, auf der man sie als das eine Problem diskutieren könnte, das sie sind, würden sich unsere Institutionen mit Händen und Füßen wehren.
Ich glaube nicht, dass auch nur ein Buchladen so wirklich wusste, in welches Regal er mein Buch „Holistic Management“ einordnen sollte. Und ich bin sicher, sie werden wieder vor dieser Herausforderung stehen, wenn die 3. Ausgabe später dieses Jahr erscheint. Wir haben einfach das Bedürfnis, alles in irgendwelche separaten Kategorien einzusortieren.

Ich glaube nicht, dass es aktuell auch nur eine passende Plattform gibt, auf der man das eine große Leck, welches das Boot des Teams Menschheit versenkt – unsere Unfähigkeit Komplexität zu managen – auch nur diskutieren könnte. Oder die Methode zu diskutieren, es richtig zu machen, die vor 32 Jahren entdeckt wurde. Das Beste was ich tun kann ist, diesen Blog anzubieten, denn ich kenne keinen Platz oder Ort auf dieser Welt, wo wir zusammenkommen könnten und über das Management von Komplexität reden könnten. Und ich kann nur hoffen, in den wenigen Jahren, die mir bleiben, dass das, was ich schreibe, für Millionen von Menschen Sinn macht, wenn es geteilt und verteilt wird. Wenn das, was ich sage, für euch irgendeinen Sinn macht, dann bleibt nicht teilnahmslos und drückt nur den Like-Button, sondern teilt es, teilt es, teilt es, bis der gesunde Menschenverstand viral wird. Ich versuche einfach so viel Lärm zu machen, wie ich kann, wie das jeder gute Nachtwächter tun sollte, weil die Situation der wir gegenübersehen, viel gefährlicher ist als alle Kriege, die wir je gefochten haben. Wir können… Wir werden gewinnen können, gewinnen, sobald genug Menschen in unserer Gesellschaft verstehen, dass das Management der Komplexität das wahre Problem ist, und nicht all die sekundären Lecks, die wir ständig zu stopfen versuchen.

Nachdem ich erklärt habe, warum das Management der Komplexität die Achillesferse der Menschheit ist, und ich glaube das mit Abstand größte Problem der Menschheit überhaupt, werde ich mich in meinem nächsten Beitrag damit befassen, wieso die Menschen bisher in keiner Gesellschaft fähig waren, die Komplexität erfolgreicher zu managen.


Manfred
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Beitrag 4

Quelle: http://savory.global/allanUncensored/Wh ... ccessfully

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Weshalb die Menschheit Komplexität nicht erfolgreich managen kann

15. März 2016

Dies ist der vierte in einer Serie von Blog-Beiträgen, die jeden auf der Erde betreffen. Im Ersten habe ich das Bild vom Team Menschheit in seinem sinkenden Boot verwendet, weil wir, während wir gegen Millionen von Leckagen kämpfen, dem größten Leck keinerlei Aufmerksamkeit schenken. Der zweite Beitrag erläuterte den Begriff Komplexität, der in unserer Gesellschaft oft missverstanden wird. Der Dritte handelte davon, wieso das Management der Komplexität die größte Notwendigkeit (unter Milliarden anderen drängenden Notwendigkeiten) ist, der die Menschheit gegenübersteht. In diesem vierten Beitrage werde ich diskutieren, wieso Menschen es nie schafften und es noch immer nicht schaffen, Komplexität erfolgreich zu managen.

Am liebsten würde ich einfach damit weitermachen, über die wirklich aufregende Zukunft zu reden, die durch das Management der Komplexität jetzt möglich ist. Leider musste ich feststellen, dass das nicht funktioniert. Das liegt daran, dass die meisten Wissenschaftler und die Gesellschaft nicht einmal bemerken, dass das Management das Problem ist. Wir schieben die Ausbreitung der Wüsten und den Klimawandel noch immer auf die fossilen Energieträger und die Tierhaltung. Aber Ressourcen können niemals die Ursache eines Problems sein. Unser Management ist es, das dazu führt, dass wir die fossilen Lagerstätten als billige Energie verbrennen, dass wir unsere Nutztiere in Fabriken halten, und wie wir sie auf den meisten Ranches halten und so den Klimawandel befeuern. Es ist ein Management-Problem.
Ich musste feststellen: Wenn wir nicht zuerst verstehen, dass ein Problem existiert, dann ist niemand im Geringsten daran interessiert, für ein gefühlt nicht existierendes Problem eine Lösung zu finden.
Also lasst uns jetzt darüber reden, wieso es ein existenzbedrohendes Problem für das Überleben der Menschheit ist, dass wir so schlecht im Management von Komplexität sind.

Zum Management gehört es, Entscheidungen zu treffen. Wir glauben, wir hätten dafür diverse Ansätze – wissenschaftlich, demokratisch, diktatorisch, gemeinschaftlich, individuell, usw. – und wir sind überzeugt, es gäbe eine große Auswahl an Management-Methoden, was auch stimmt.
Aber wir müssen uns diese Überzeugungen genauer ansehen, um zu erkennen, was hinter ihnen steckt. Nur wenn wir das tun, können wir herausfinden, wieso wir fähig sind, einen Menschen auf den Mond zu bringen, aber nicht fähig sind, Komplexität erfolgreich zu managen.

Werkzeugnutzende Tiere

Zuerst müssen wir erkennen, dass wir „werkzeugnutzende“ Tiere sind. Während viele Arten Zweige, Muscheln, Steine etc. als Werkzeuge nutzen, können nur Menschen und einige Vögel selbst Werkzeuge herstellen. Während der Millionen von Jahren unserer genetischen Entwicklung zum werkzeugnutzenden Tier, haben wir immer bessere Werkzeuge (unsere erste Technologie) entwickelt, indem wir Steine an Stöcken befestigten, Steine spalteten und Stöcke anspitzten. Wir konnten unsere Umwelt nicht mehr beeinflussen als Affen, Otter, Geier, Rinder oder andere Werkzeugnutzer. Dann lernten wir das Feuer zu nutzen und selbst Feuer zu machen. Von da an konnten wir Steine erhitzen und gelangten in die Kupfer-, Bronze- und Eisenzeit, und entwickelten unsere erste Technologie, hauptsächlich getrieben von der Waffenherstellung, so lange weiter, bis wir die heutigen Wunder der Technik genießen konnten. Alles um euch herum, während ihr dies lest, inklusive des Gebäudes in dem ihr euch aufhaltet und der Kleidung, die ihr am Leib tragt, wurde nur dadurch möglich, dass die Nutzung des Feuers die Technologie vorangetrieben hat.

Für mehr als 99,9% der Zeit seit der moderne Mensch existiert, hatten wir nur zwei Klassen von Werkzeugen: Technologie und Feuer. Heute haben wir vier Klassen von Werkzeuge, die zwei ersten bleiben aber die am meisten verwendeten. Über die letzten 15.000 Jahre haben wir einige Pflanzen und Tiere domestiziert, damit begonnen, Pflanzen zu nutzen, um unsere Umwelt zu verändern, und Mikroorganismen, um Käse und Wein herzustellen. Als wir erkannten, dass unsere Umwelt degradiert, haben wir die Idee der Stilllegung (die heutige Vorstellung von Naturschutz) als Mittel zur Erholung entwickelt. Dies begann mit der zeitweisen Stilllegung entweder im Ackerbau oder in der Weidewirtschaft vor ca. 10.000 Jahren. So haben wir das Kultivieren von Pflanzen und die Stilllegung dem Werkzeugkasten hinzugefügt. Seither haben wir keine neue Werkzeugklasse mehr entwickelt.

Dass diese, und nur diese – Technologie, Feuer, Stilllegung und die Nutzung lebender Organismen in Form von Pflanzen und Micro-Organismen – die Werkzeugklassen in unserem menschlichen Werkzeugkasten sind, weiß ich deshalb, weil wir in all den Jahren in Lehrgängen mit Wissenschaftlern und anderen nur diese kurze Liste aufstellen konnten. Ich habe die Lehrgangsteilnehmer, viele von Ihnen mit Doktortitel, alle Werkzeuge auflisten lassen, die sie je daheim oder für ihre Arbeit genutzt haben oder deren Handhabung sie an ihnen Universitäten erlernten. Die Listen waren lang. Und dann haben wir sie eingeteilt in Werkzeugklassen und landeten bei dieser kurzen Liste. Einige sagten dann, wir könnten ja die Gesetzgebung als Werkzeug ansehen, oder das Wasser. Aber: Die Gesetzgebung kann die Umwelt nicht anders beeinflussen als durch eine der obigen Werkzeugklassen. Und ohne an den nächsten Fluss zu gehen und das Wasser mittels Händen und Mund zu schöpfen, können wir bis heute nicht mal Wasser trinken ohne die Nutzung irgendeiner Technologie (Tasse, Becher, Staustamm, Wasserleitung, Wasserhahn etc.)

Genetisch verankerte Denkstruktur

Über Millionen Jahre der Evolution haben werkzeugnutzende Tiere, inklusive des Menschen, einen Weg entwickelt, Entscheidungen über den Einsatz von Werkzeugen zu treffen, der genetisch verankert wurde. Ähnlich genetisch verankert, wie z.B. bei einigen Vogelarten die Fähigkeit verankert ist, außerordentlich komplizierte Nester zu bauen, ohne jedes Training durch ihre Eltern. Unsere genetisch verankerte Art Entscheidungen zu treffen verursachte keine Umweltschäden, bis wir, im Unterschied zu anderen Arten, die Nutzung des Feuers und damit den immer weiteren technologischen Fortschritt erlangten.
Diese Entscheidungsstruktur ist aufgebaut wie folgt:

-Zielsetzung
-Werkzeuge
-Entscheidung

Während man dieses Entscheidungsmuster bei jeder werkzeugnutzenden Art erkennen kann, hat es sich beim Menschen leicht verändert. Während ein Affe, Rind oder Otter einfach eine Zielsetzung hat, erweitern wir das auf Zielsetzungen, Ziele, Missionen oder Visionen. Während die anderen werkzeugnutzenden Arten nur ihre Kreativität haben, um ihre einfachen Technologien (Steine, Stöcke, Schalen etc.) zu nutzen, haben wir zusätzlich zur Kreativität beachtliche Mengen an Arbeitskraft und Geld zur Verfügung. Aber keine Arbeit, kein Geld und keine Kreativität kann irgendetwas tun um unsere Umwelt zu beeinflussen, solange wir nicht eine unserer 4 Werkzeugklassen nutzen. Und während andere Werkzeugnutzer ihre Entscheidungen generell an dem ausrichten, was sie von ihren Eltern oder durch die Beobachtung anderer gelernt haben, nutzen wir Menschen, weil wir der Sprache mächtig sind, viel mehr Faktoren für unsere Entscheidungen – frühere Erfahrungen, Forschungsergebnisse, Expertenmeinung, Gewinn, Cashflow, Gruppenzwang, kulturelle Überzeugungen, Zweckmäßigkeit, Kompromisse, Gesetze und Regeln, Intuition und viele mehr.
Trotzdem bleibt es die gleiche genetisch verankerte Denkstruktur, wie sie bei allen werkzeugnutzenden Tieren zu erkennen ist. Ein Seeotter z.B., der eine Muschel knacken will, packt sich einen Stein auf die Brust und knackt damit die Muschel, wie er es von seinen Eltern und anderen abgeschaut hat. Ein Team von Wissenschaftlern mit dem Ziel, den Mond zu erreichen, nutzt Technologie in verschiedenster Form und trifft Entscheidungen auf Basis früherer Erfahrungen, Expertenrat, Forschungsergebnissen, Kosten, etc.

Wir dürfen diese genetisch verankerte Denkstruktur nicht geringschätzen, weil wir, wie ich in meinem zweiten Beitrag verdeutlicht habe, durch sie erstaunliche Fortschritte erreichen konnten – eine längere menschliche Lebenserwartung, eine globale Kommunikations-Infrastruktur, Luftfahrt und sogar Raumfahrt.
Aber diese Denkstruktur, die jeder Mensch nutzte, der je existierte, und die auch heute noch jeder von uns nutzt, in allen Bereichen des Lebens, hat uns nicht befähigt, Komplexität zu managen.
Die meisten Menschen sind gut und tun ihr Bestes. Wenn diese Denkstruktur in der Lage gewesen wäre, Komplexität zu managen, dann hätten wir das schon vor tausenden von Jahren vermocht und würden nicht da stehen, wo wir heute stehen: Im Angesicht der realen Gefahr eines selbst verursachten, vorzeitigen Aussterbens unserer Art.

Warum unsere genetisch verankerte Denkstruktur Komplexität und im Speziellen die globale Ausbreitung der Wüsten und den Klimawandel nicht managen kann.

Ich verwende ein weiteres Bild – diesmal einen Computer. Stellt euch unser Hirn als einen Computer vor – den erstaunlichsten Computer, der jemals entwickelt wurde. Das Hirn jedes Menschen, der je geboren wurde, kam mit fertig installierter Basissoftware auf die Welt – die genetisch verankerte Denkstruktur Version 1.00, die sich bei allen werkzeugnutzenden Tieren entwickelt hat.
Ein Betriebssystem, das für eine von der biologischen Intaktheit ihrer Umwelt abhängige Art perfekt funktioniert hat – bis eine Art lernte, das Feuer zu nutzen.
Ab diesem Punkt war unser Betriebssystem nicht mehr länger in der Lage, die Fähigkeit des Menschen, seine ihn erhaltende Umwelt zu zerstören, zu kontrollieren, wegen zwei Fehlern in der Software.
Lasst uns nun diese 2 Fehler diskutieren, bevor ich damit weitermachen kann, das spannende neue Update (v1.01) vorzustellen, welches sicherstellen wird, dass unser Boot am Schwimmen bleibt.

Fehler 1: Zielsetzungen benötigen einen Grund oder einen Kontext. Wenn sie keinen Grund oder Kontext haben, führen unsere Aktivitäten zur Erreichung unserer Zielsetzungen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu unerwünschten Nebenwirkungen. Ohne einen Kontext ein Feuer anzuzünden z.B. Wir haben immer einen Kontext für unsere Zielsetzungen. Wenn man sich jede Zielsetzung, jedes Ziel anschaut, welches irgendjemand verfolgt, ist der Kontext z.B. ein Bedürfnis oder ein Verlangen zu befriedigen, einen Gewinn zu machen, sich mit anderen zu Messen, Beachtung zu finden oder generell ein Problem zu lösen. Im Fall der Politik oder bei Entwicklungshilfeprojekten ist der Kontext im Allgemeinen ein Problem zu vermeiden oder zu lösen.

Ein einfacher Kontext für unsere Zielsetzungen reicht normalerweise aus, wenn wir etwas „herstellen“. Wir haben ein Problem, weil der Verkehr einen Fluss nicht überqueren kann. Also bauen wir eine Brücke. Problem gelöst. Bei allem, was wir „herstellen“, also Dingen, die nicht komplex sind, sehen wir täglich Verbesserungen der Technologie, ob für daheim oder für die Raumfahrt.
Aber alles, was mir managen, ist immer komplex, seien es unsere Organisationen und Institutionen oder unsere Umwelt. Management kann soziale, kulturelle , wirtschaftliche und ökologische Komplexität schlicht und ergreifend nicht umgehen. Solcherlei Komplexität auf Bedürfnisse, Verlangen, Gewinninteresse, Problemspezifisches etc. zu reduzieren, als Kontext unserer Entscheidungen, ist eine zu starke Vereinfachung. Eine so starke Vereinfachung, dass der Kontext quasi komplett verloren geht, und so ständig unbeabsichtigte Nebenwirkungen entstehen.

Unbeabsichtigte Nebenwirkungen des Managements sind derart häufig, dass es sogar ein „Gesetzt der unbeabsichtigten Folgen“ („Low of unintended consequences“, oder auch „Murphy´s law“) gibt, ein Begriff, der glaube ich zuerst von Ökonomen geprägt wurde. Dadurch, dass es ständig die Komplexität auf einen einfachen Kontext reduziert, ist das Management zwangsläufig reduktionistisch. Selbst in dem Fall, dass ein fachübergreifendes Team ausgesuchter Spezialisten eine Richtlinie entwickelt, ist uns klar, dass es soziale, wirtschaftliche und ökologische Folgen geben wird, dass die Komplexität noch immer auf das Problem reduziert wird, das als Kontext für die Richtlinie dient. Also weiterhin Reduktionismus.

Mein Bewusstsein für dieses Problem kam auf, als ich als Wissenschaftler als Berater für meine Regierung gewirkt und Richtlinien mit formuliert habe. Es vertiefte sich, als ich als Vorsitzender einer politischen Partei Richtlinien quer über alle Fachgebiete der Regierung entwickelt habe. Und es verstärkte sich weiter, als ich anfangs der 1980er Jahre als Berater engagiert wurde, um Tausende von Fachleuten zu schulen, welche Richtlinien für das US-Landwirtschaftsministerium, die Weltbank und das US-Entwicklungshilfebüro entwickelten.

Solange es keinen alles umfassenden Kontext gibt, der die gesamte Komplexität menschlicher Organisationen und der Natur einschließt, wird das Management reduktionistisch sein und der Erfolg wird ausbleiben, wie er es seit tausenden von Jahren tut.

Fehler 2: Unter den Werkzeugen in unserer Werkzeugkiste ist keines, dass wir wirkungsvoll gegen die Ausbreitung der Wüsten und so gegen den Klimawandel einsetzen könnten. Natürlich haben wir die Werkzeugklasse der Technologie, die zunehmend eingesetzt wird, um umweltfreundliche Alternativen zum Verbrennen fossiler Energieträger zu entwickeln. (Al Gore´s TED talk feierte die atemberaubende Entwicklung auf diesem Gebiet in den letzten 5 Jahren.)

Aber obwohl diese fortschreitende Technologie sehr willkommen und eindrucksvoll ist, haben wir es wieder einmal mit Dingen zu tun, die wir herstellen, die also nicht komplex sind. Es bleibt das Problem der Landwirtschaft, die weltweit jedes Jahr 20 Mal so viel Boden erodiert, wie an Nahrung benötigt wird, das Abbrennen der Biomasse auf Millionen Hektar Land, den kommerziellen Raubbau am Leben in den Ozeanen, und die Notwendigkeit, das CO2 in der Atmosphäre zu reduzieren, indem wir die degradierten Böden überall auf der Erde regenerieren – alles Themen, die Komplexität beinhalten.

Ihr wundert euch evtl., wieso ich sage, wir haben kein passendes Werkzeug im Kasten, während Wissenschaftler und Gesellschaft glauben, wir können mit dem gewinnen, was wir haben? Der Grund ist, wie schon in einem vorherigen Beitrag ausgeführt, dass die menschengemacht Ausbreitung der Wüsten ein Symptom des Biodiversitätsverlustes ist, ohne den sie nicht auftritt. Und ohne die Ausbreitung der Wüsten in den Regionen der Erde mit saisonalen Regenfällen (speziell dort, wo Gräser eine entscheidende Rolle in der Wiederherstellung der Böden und bei der Speicherung von Wasser und Kohlenstoff spielen) umzukehren, können wir dem Klimawandel nicht im vollen Umfang bekämpfen. Diese entscheidenden Grasland-Biotope bedecken ca. 2/3 der Landmasse der Erde und sind auf dieser NASA-Karte gut als braune bis hellgrüne Flächen zu erkennen. Ich solchen Biotopen bricht bei Abwesenheit von großen Pflanzenfressern der grundlegende Lebenszyklus der meisten mehrjährigen Gräser zusammen, weil dann chemische Oxidation den biologischen Abbau der jährlich absterbenden, oberirdischen Blätter und Stängel ersetzt. Das ist ein biologisches Problem und damit ein komplexes Problem.

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Wir haben die Werkzeuge, die wir brauchen, um die Biodiversität auf dem 1/3 der Landmasse der Erde wieder herzustellen, wo die Feuchtigkeit gut über das Jahr verteilt ist. Aber diese Regionen, wie z.B. der größte Teil Europas, sind kaum von der Ausbreitung der Wüsten betroffen. In solchen Gegenden brauchen wir die Flächen nur stillzulegen oder entsprechend zu schützen und die Biodiversität kehrt zurück.

Für den größten Teil der Landmasse der Erde jedoch, wo sich die Wüsten ausbreiten, fehlt uns das passende Werkzeug. Keine Technologie, die man sich auch nur vorstellen könnte, kann jedes Jahr auf 2/3 der Landmasse der Erde die Oxidation durch die Sonneneinstrahlung verhindern.
Feuer, also schnelle Oxidation, das Werkzeug zum schnellen Beseitigen von langsam oxidierendem Gras (was von vielen Institutionen propagiert wird), schafft es seit 50.000 Jahren nicht (und viele haben es versucht) das zu tun, was nötig wäre.
Und Stilllegung von Land in diesen Gegenden bewirkt genau diese Oxidation, die Gräser vorzeitig killt, und so zur Wüstenbildung führt, wie wir in diesem US-Nationalpark sehen können.

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Oder auf diesem Bild des Aldo Leopold memorial forest entland des Rio Grande in Albuquerque.

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Der Einsatz lebender Organismen – das Pflanzen von Bäumen – gewinnt zwar internationale Auszeichnungen, verhindert aber nicht die Oxidation und stoppt nicht die Wüstenbildung.
Das sehen wir an den gewaltigen Anstrengungen Chinas, Israels und der Arabischen Emirate. Dieses Bild stammt aus einem 30 Milliarden $ UAE Projekt, das Bäume pflanzt und bewässert und trotzdem klar sichtbar daran scheitert, den Oberboden zu regenerieren und so die Wüstenbildung zu stoppen.

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Wegen der genetisch verankerten Denkstruktur, die schon zur Geburt in jedem menschlichen Gehirn installiert ist, inklusive euren und dem von Einstein, können wir den Weltraum erkunden, sind aber nicht in der Lage, den Planeten zu managen, der uns erhält. Ohne die Fähigkeit, Komplexität im großen Maßstab zu managen, und ohne jedes Werkzeug, das auf 2/3 der Landmasse der Erde die landwirtschaftlich genutzten Böden und das Bodenleben wieder herstellen könnte, um mehr Kohlenstoff und Wasser zu speichern und die Ausbreitung der Wüsten umzukehren, schaut die Zukunft wirklich düster aus.

Nach einer Pause, in der wir diskutieren können, was ich bisher geschrieben habe, mache ich mit der wirklich aufregenden Neuigkeit weiter, wie wir unsere genetisch verankerte Denkstruktur ändern können, um die 2 großen Fehler zu beheben. Wir nennen es den „Rahmen für das ganzheitliche Management“. Er wurde in den letzten paar Jahrzehnten ausführlichsten Praxistests unterzogen und steht jedem zum „Download“ zur Verfügung, wenn die Gesellschaft erkennt, dass das Management der Komplexität das eigentliche Problem ist, und nicht all die Dinge, auf die wir es schieben.
Bitte macht mit und teilt diese Informationen, wenn euch die Zukunft am Herzen liegt. Und das Wichtigste: Bitte helft, jeden Fehler in meiner Logik oder meinen wissenschaftlichen Aussagen zu finden, weil die Situation, in der wir uns als Menschheit befinden, gefährlicher nicht sein könnte.


Manfred
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Komplexität managen

28. März 2016

Komplexität managen – das größte Leck im Boot der Menschheit stopfen

In meinem 4. Beitrag beschrieb ich, warum Menschen Probleme mit dem Management von Komplexität haben. Dass alle werkzeugnutzenden Tiere, inklusive des Menschen, die gleiche, genetisch verankerte, sehr simple Entscheidungsstruktur verwenden. Derart simpel, dass wir sie bis vor kurzem gar nicht bemerkt hatten. Wenn wir das Bild vom Computer verwenden, werden wir schon bei der Geburt mit einem vorinstallierten „Betriebssystem“ in unserem Hirn ausgeliefert. Ich diskutierte auch, wie erfolgreich diese genetische Programmierung bei allem ist, was wir „herstellen“, wenn wir die langfristigen Auswirkungen im Moment ausblenden. Wenn ihr Al Gore´s kürzlichen TED-Talk anschaut, in dem er seiner großen Begeisterung über die schnellen Erfolge der regenerativen Energien Ausdruck verlieh: Auch das ist etwas, das wir „herstellen“- Stromerzeugung aus Sonnenstrahlung, Wind, etc. – nichts davon beinhaltet Komplexität.
Auf der anderen Seite sehen wir jedoch immer stärker ausufernde Probleme bei den Dingen, die wir „managen“, die alle Komplexität beinhalten. Nicht nur die Komplexität der menschlichen Institutionen, sondern auch die der Natur.

Erst heute früh saß ich zusammen mit zwei Gästen am Lagerfeuer, Wissenschaftler aus dem Gebiet des Krüger Nationalparks in Südafrika. Die Diskussion hat sich in den letzten 60 Jahren nicht verändert. Es ging um all die Probleme und was man tun könnte, die Vorschläge besorgter Wissenschaftler und anderer, die für Verwirrung und für Streit zwischen unterschiedlichen Ansichten sorgen. Jedes der diskutierten Probleme war ein Symptom des gegenwärtigen, reduktionistischen Managements. Und alle vorgeschlagenen Maßnahmen waren ebenfalls reduktionistisches Management. Könnte ich für weitere 80 Jahre leben, ich bin mir sicher, wir würden immer noch die gleiche Diskussion führen – egal ob es um bedrohte Tiere, Drogen, Terrorismus, Migration nach Europa oder irgendein anderes Management-Thema ginge. Es ist unwahrscheinlich, dass wir aus diesem endlosen Kreis ausbrechen können, ohne eine Management-Revolution, die passieren wird, wenn die Öffentlichkeit versteht, dass Management ganzheitlich statt reduktionistisch sein muss.

Wie wir Komplexität managen können.


Lasst mich jetzt beschreiben, wie es uns seit fast 50 Jahren gelingt, Komplexität erfolgreich zu managen, mit wirklich spannenden Ergebnissen. Wenn wir bei dem Bild vom Computer bleiben: Ich habe 2 Fehler im genetisch verankerten Betriebssystem erkannt, die es schwer machen, Komplexität zu managen, und die es unmöglich machen, die menschengemachte Wüstenbildung und den Klimawandel zu vermeiden, die zu so viele Problemen führen. In diesem Beitrag befasse ich mich mit dem ganzheitlichen Rahmen inklusive der zwei ersten, einfachen „Betriebssystem-Updates“, die es relativ einfach machen, Komplexität zu mangen.

Zur Erinnerung: Wir benötigen einen Kontext oder Grund für unsere Handlungen.
Ohne einen solchen kann alles Mögliche passieren. Unbeabsichtigte Folgen wie sie z.B. entstehen könnten, wenn ich ohne Grund ein Feuer anzünde. Wir haben immer einen Kontext oder Grund für unsere Handlungen. Dabei geht es ausnahmslos darum, ein Bedürfnis oder Verlangen zu befriedigen, einen Gewinn zu machen, sich zu messen, etc. Gemeinhin ergreifen wir Maßnahmen oder entwickeln Richtlinien oder entwickeln Projekte, um ein Problem zu beheben. Darum drehte sich auch die ganze Diskussion diesen Morgen. So ein einfacher Kontext reicht normalerweise für die Dinge aus, die wir „herstellen“, von denen keines sich selbst organisierende, komplexe Systeme enthält. Bei allem, das wir „managen“ jedoch, was soziale, ökologische und wirtschaftliche Komplexität beinhaltet, führt es allzu oft zu nicht beabsichtigten Folgen, wenn wir die Komplexität auf einen einfachen Kontext reduzieren. Das passiert so häufig, dass wir ein „Gesetz der unbeabsichtigten Folgen – Murphys Gesetz“ haben. Ich meine, dieses Gesetz wurde zuerst von Wirtschaftswissenschaftlern formuliert.

Management benötigt einen ganzheitlichen Kontext

Herauszufinden, was einen Kontext für das Management von Komplexität bieten könnte, war der schwerste Schritt auf dem Weg zu lernen, wie man Komplexität managet. Erste Ergebnisse in den 1970er Jahren, die Wüstenbildung durch das Management der Komplexität von Tieren, Pflanzen, Boden und Wetter umzukehren, mit dem Kontext einer gesunden, produktiven und stabilen Umwelt, waren auf ermutigende Weise eindrucksvoll. Jedoch wurden die Ergebnisse dann inkonsistent. Etwas fehlte. Eine Analyse der enttäuschenden Ergebnisse zeigte, dass mein Fehler war, die soziale und wirtschaftliche Komplexität nicht mit einzubeziehen. Der Kontext war noch immer zu einfach und das Management deshalb reduktionistisch. Was also könnte den nötigen Kontext bieten und es gleichzeitig erlauben, Bedürfnisse und Verlangen zu erfüllen, Gewinn zu machen oder ein Problem zu lösen?
Nach und nach bildete sich die Vorstellung eines ganzheitlichen Kontexts heraus, und was so einen alles umschließenden Kontext bilden könnte. Das Bild war noch trübe und verwirrend, als ich die ersten beiden Ausgaben des Holistic-Management-Handbuches schrieb.
Während der letzten 20 Jahre ist das Konzept klarer und einfacher anwendbar geworden, wie sich in der 3. Ausgabe von Holistic Management: A Commonsense Revolution to Restore Our Environment (Ganzheitliches Management: Eine Revolution des gesunden Menschenverstands, um unsere Umwelt wieder herzustellen.) zeigen wird, die später in diesem Jahr erscheinen soll. Ein ganzheitlicher Kontext war schwer zu konzipieren und zu entwickeln, weil es in keiner Fachrichtung der Wissenschaften, den Religionen und der Philosophie nichts gab, was uns als Vorlage hätte dienen können.

Der nötige ganzheitliche Kontext wird für jede Management-Situation neu definiert, sei es eine einzelne Person oder eine Familie, die ihr Leben managt, oder auf nationaler oder internationaler Entscheidungsebene. Jeder ganzheitliche Kontext ist einzigartig, weil jede zu managende Situation einzigartig ist. Trotzdem haben fast alle ganzheitlichen Kontexte Ähnlichkeiten, weil Menschen mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede zeigen, und wir die gleichen grundlegenden Bedürfnisse teilen, die von derselben lebenserhaltenden Umwelt erfüllt werden. Wie ein sehr einfacher ganzheitlicher Kontext aussehen kann, seht ihr an diesem Beispiel:

Ein einfacher ganzheitlicher Kontext

Wir wollen stabile Familien, die friedliche Leben in Wohlstand und körperlicher Sicherheit führen und die ihren religiösen und spirituellen Überzeugungen folgen können. Ausreichend nahrhaftes Essen und sauberes Wasser. Gute Bildung und ein gesundes, ausgeglichenes Leben mit Zeit für unsere Familie, Freunde, die Gemeinde und Freizeit für kulturelle und andere Aktivitäten. All dies wird durch sich erneuernde Böden und eine hohe Biodiversität auf den Landmassen der Erde und in ihren Flüssen, Seen und Meeren sichergestellt, für viele zukünftige Generationen.


Diesen allgemein gehaltenen ganzheitlichen Kontext nutze ich selbst, wenn ich neue Länder und Kulturen besuche, Berichte, Forschungsarbeiten, Zeitungen lese, die Nachrichten anhöre oder wenn ich höre, was die Menschen im Management machen. Wenn ich erfahre, welche Management-Aktionen erfolgen – um Bedürfnisse oder Verlangen zu befriedigen, eine Vision zu verfolgen, ein Problem durch eine Richtlinie oder ein Entwicklungsprojekt zu lösen – schaue ich mir diese Aktionen einfach vor diesem ganzheitlichen Kontext an, dem die meisten Menschen zustimmen könnten.

In der Praxis wird natürlich ein realer ganzheitlicher Kontext durch die Menschen aufgestellt, die die Management-Entscheidungen treffen. Wenn das Management die Regierungsführung, ganze Nationen oder andere Situationen betrifft, in denen nicht alle Betroffenen an der Erstellung eines ganzheitlichen Kontexts mitwirken können, wird ein lokal angepasster, allgemeiner ganzheitlicher Kontext verwendet. Unterlagen zur Selbsthilfe sind beim Sayory Intitute (http://www.savory.global) oder beim wachsenden weltweiten Netzwerk lokal geführter und gemanagter Hubs erhältlich.

Wenn wir unsere genetische verankerte Entscheidungsstruktur ändern und die ganzheitliche Entscheidungsstruktur für das Management nutzen, geleitet durch einen umfassenden Kontext, wird es relativ einfach, soziale, ökologische und wirtschaftliche Komplexität zu managen. Und das von der Familie bis zur ganzen Nation und darüber hinaus, faktisch überall, wo wir jetzt noch unsere überall präsente, genetisch verankerte Entscheidungsstruktur nutzen. Einen ganzheitlichen Kontext zu haben, um unsere Aktivitäten zu steuern, ist aber nicht ausreichend um sicherzustellen, dass Komplexität in allen Teilen der Welt erfolgreich gemanagt wird. Nach wie vor besteht der zweite Software-Fehler – das fehlende Werkzeug – um den wir uns noch kümmern müssen, was ich in meinem nächsten Blogbeitrag tun werde.

Bei relativ einfachen Entscheidungen, die wir im Alltag treffen, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen oder Probleme zu beheben, fangen wir intuitiv an zu spüren, ob sie in Linie mit unserem ganzheitlichen Kontext sind. Wir haben aber schnell gelernt, dass das in schwierigeren Situationen nicht funktioniert. Diese Schwierigkeit wurde dadurch gelöst, dass wir erkannt haben, dass unser Geist im Allgemeinen nicht mehr als zwei oder drei Variablen gleichzeitig handhaben kann. Wir haben deshalb ein Set aus sieben Kontext-Testfragen entwickelt. Diese Fragen, auf die ich hier nicht im Detail eingehe, werden wie eine geistige Krücke verwendet, um sicherzustellen, dass unsere Aktionen, Richtlinien usw. wirklich sozial, ökologisch und wirtschaftlich stimmig sind und sowohl kurz- als auch langfristig in Übereinstimmung mit dem ganzheitlichen Kontext.

Ich weiß, dass die meisten von euch, wenn sie dies zum ersten Mal lesen, mit den Augen rollen und meinen, das alles klinge viel zu kompliziert. Ihr werdet vielleicht sagen: Sag uns einfach, was wir tun sollen! Würde ich euch beschreiben, wie man Fahrrad fährt: Je länger ich es beschriebe, desto komplizierter würde es erscheinen. Hättet ihr dagegen ein Fahrrad und könnt euch ansehen, wie eines Gefahren wird und würdet etwas Anleitung bekommen, dann würdet ihr es einfach finden, so wie es die meisten Menschen tun.

Über die vielen Jahren, während der Schulung von tausenden von Menschen, habe ich gelernt, dass die meisten Menschen, inklusive Analphabeten, innerhalb sehr kurzer Zeit damit beginnen können, Komplexität erfolgreicher zu managen. Einige schaffen den Einstieg an nur einem Tag, und werden dann immer geübter. Was ich auch gelernt habe, während ich tausenden von Menschen half: Unwissenheit behindert das Lernen nicht. Nur was wir schon „wissen“, womit mir vertraut sind, und unsere Egos behindern das Lernen. Aus bisher noch nicht ganz verstandenen Gründen fällt es Frauen im Allgemeinen leichter, das ganzheitliche Management zu erlernen und anzuwenden, und Männern beim Verständnis des Prozesses zu helfen.

Beispiele für ganzheitliches Management

Ein paar Beispiele aus dem echten Leben: Als erstes eine angestellte, alleinerziehende Mutter mit ihrem Sohn. Die Frau und ihr Sohn verbrachten ein paar Monate bei meiner Frau und mir, während ihrer Ausbildung als Trainerin für Dorfbewohner in Afrika. Als sie die Verwendung eines ganzheitlichen Kontexts kennenlernte, fragte sie, ob sie das auch für ihr eignes Leben tun könnte. Ich half ihr dabei, ihren eigenen ganzheitlichen Kontext zu entwickeln. Sie und ihr Sohn, zwar kein Land, dass sie managt, aber wie alle Menschen abhängig vom Land, und das Geld, dass sie verdienen konnte, das war das Ganze, das sie managte. Sobald sie einen ganzheitlichen Kontext hatte, der klar ausdrückte, wie sie sich ihr Leben als alleinstehende Mutter, die einen gebildeten Sohn aufzog, sein sollte, schlug ich ihr vor, die solle doch damit beginnen, diesen Kontext für kleinen Entscheidungen des Alltags zu nutzen.
Ein paar Tage später kam sie ganz aufgeregt zu mir und sagte: Es funktioniert! Auf die Bitte das zu erklären erzählt sie, das sie mit ihrem Sohn und ihrer Einkaufsliste einkaufen war. Nachdem sie den Einkaufswagen gemäß ihrer Wunschliste vollgepackt hatten, mussten sie an der Kasse warten. Während des Wartens erinnerte sie sich an ihren ganzheitlichen Kontext und ihren Wunsch, wie ihr Leben aussehen sollte. Sie sah sich die Einkaufsliste mit all ihren Bedürfnissen an und verglich sie damit, wie sie sich ihr Leben wünschte. Danach legten sie kleinlaut die meisten Artikel zurück in die Regale. Es kann wirklich so einfach sein.

Jetzt lasst uns komplexere Richtlinien ansehen.
Anfang der 1980er Jahre haben mich einige weitsichtige Offizielle im US Landwirtschaftsministerium damit beauftragt, über einen Zeitraum von zwei Jahren insgesamt 2.000 Beamte für jeweils eine Woche in der Anwendung der ganzheitlichen Entscheidungsstruktur zu schulen. Die Reaktionen auf dieses Training waren enthusiastisch und führten zu steigender Nachfrage, sodass das Projekt auf das gesamte öffentliche Landmanagement, die Fischerei- und Jagdbehörde, die Entwicklungshilfebehörde, die Weltbank und Fakultätsmitglieder westlicher Universitäten ausgeweitet wurde. Die Teilnehmer wurden aufgefordert, ihre eigenen Richtlinien und Programme mitzubringen, zur Verwendung in den Kursen. Über diese zwei Jahre hinweg haben die Teilnehmer alle Arten von Richtlinien und Praktiken zum Umgang mit natürlichen Ressourcen mittels des ganzheitlichen Rahmens unter die Lupe genommen. Für alle diese Richtlinien, ohne Ausnahmen, haben sie beschlossen, dass diese mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern und zu unbeabsichtigten Nebenwirkungen führen würden. Eine der Gruppen kam, nach langer Diskussion, zu einem einstimmigen Beschluss, den wir festhielten: Sie könnten jetzt erkennen, dass schlechtes Ressourcen-Management in den USA allgegenwärtig sei.

Ähnliche Situationen gab es, wenn auch mit einer geringeren Anzahl professioneller Richtlinien-Entwickler, in Indien und Lesotho, wo sie Richtlinien für die Forstverwaltung und für den Bodenschutz analysierten. Sie selbst (nicht ich) befanden, dass ihre Richtlinien die Situation verschlimmern würden.

Lasst mich ein aktuelles Beispiel anführen, das uns alle betrifft. Die Vereinten Nationen haben kürzlich 17 neue Nachhaltigkeitsziele (SDGs) verkündet, die bis zum Jahr 2030 erreicht werden sollen. Wir brauchen nicht bis 2030 zu warten, um das wahrscheinliche Ergebnis zu kennen. Wenn ich den einfachen ganzheitlichen Kontext von oben verwende, und mir die UN Nachhaltigkeitsziele vor diesem Hintergrund ansehe, dann wird klar, dass die soziale, ökologische und wirtschaftliche Komplexität auf die verschiedenen Probleme reduziert wurde, welche den jeweiligen Kontext für die Nachhaltigkeitsziele bilden. Selbst ohne sich in die einzelnen Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele zu vertiefen: Die erste Kontext-Checkfrage lautet, ob sich das Ziel oder die Maßnahme mit dem eigentlichen Problem oder nur einem Symptom beschäftigt. Im Allgemeinen beziehen sich die UN Nachhaltigkeitsziele entweder auf die Symptome kultureller Praktiken (einige davon) oder (die meisten) auf Symptome des derzeitigen reduktionistischen Managements und der globalen Wüstenbildung. Dazu kommt die Tatsache, dass die aktuellen Praktiken und Richtlinien von Regierungen und internationalen Organisationen in den problematischsten Regionen von Nordafrika bis hoch nach China, die Wüstenbildung noch verschlimmern und damit gegen die Nachhaltigkeitsziele arbeiten.

Weil wir durch unsere genetisch verankerte Entscheidungsstruktur nie die Mängel in solchen gut gemeinten Nachhaltigkeitszielen erkennen konnten, kann man niemandem die Schuld dafür geben. Aber wir können diese Fehler jetzt durch Anwendung der ganzheitlichen Entscheidungsstruktur beheben. Wir können mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagen, dass es viele unbeabsichtigte Folgen, viel Händeringen und 2030 (oder schon vorher) eine neue Liste von Nachhaltigkeitszielen geben wird, in einer schlechter werdenden Gesamtsituation. Eine Wiederholung der gut gemeinten und ebenfalls verfehlten Jahrtausend-Ziele.

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Eine spannende Zukunft

Das wirklich Spannende ist, dass dieser endlose Kreis verlassen werden kann, sobald es eine merkliche Veränderung im öffentlichen Verständnis gibt, dass das Management ganzheitlich werden muss. Obwohl es wirklich aufregend ist, wie schnell sich die regenerative Energienutzung (die Nutzung von Sonnen- , Windenergie, etc., also wieder etwas, das wir „herstellen“) ausbreitet, erreicht sie doch nur, dass kein weiterer Kohlenstoff aus fossilen Energieträgern mehr in die Atmosphäre geblasen wird – ein kleiner Teil des Gesamtproblems. Der Klimawandel wird weitergehen, wegen der Kohlenstoffemissionen der Landwirtschaft durch die Bodenzerstörung, das Verbrennen von Biomasse und die Ausbreitung der Wüsten – alles Management-Probleme. Die Atmosphäre zu dekarbonisieren und den überschüssigen Kohlenstoff an den sichersten Platz, also in die sich regenerierenden Böden, zu packen, ist wieder Management. Ab dem Punkt, an dem die Öffentlichkeit das versteht, können nicht nur unsere Institutionen ihre Nachhaltigkeitsziele vor einem ganzheitlichen Kontext so ändern, dass sie die Wurzeln der Probleme angreifen, sondern es ermöglicht uns auch, ernsthaft den Klimawandel anzugehen.

Ich glaube nicht, dass das Problem der fehlende Wille ist, wie viele Kritiker der Bürokratie und der Politiker meinen. Es ist auch kein Mangel an Expertenwissen. Das Problem ist einfach, dass alle Betroffenen unbewusster Weise ihre genetisch verankerte Entscheidungsstruktur nutzen. Wir brauchen dringend eine längst überfällige Revolution des Managements durch die jüngeren Generationen.

Wäre uns schon vor tausenden Jahren die Notwenigkeit eines ganzheitlichen Kontexts für unsere Aktivitäten bewusst gewesen, wir hätten die Komplexität auf dem Großteil des Planeten managen können: Seine Ozeane, Seen und die Landgebiete mit guter Feuchtigkeitsverteilung über fast das ganze Jahr. Und doch hätten wir es auf 2/3 der Landmasse nicht zustande gebracht, weil uns das dazu nötige Werkzeug fehlte. Dieses Werkzeug, ohne das wir die weltweite Ausbreitung der Wüsten und den Klimawandel nicht ernsthaft angehen können, werde ich in meinem nächsten Beitrag vorstellen.


Manfred
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Beitrag 6

Quelle: http://savory.global/allanUncensored/Th ... -addressed

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Das fehlende Werkzeug, ohne welches der Klimawandel nicht angegangen werden kann.

05. April 2016

Jetzt zu meinem sechsten Beitrag in dieser Serie von Beiträgen, welche die, wie ich glaube, größte Herausforderung mit der die Gesellschaft konfrontiert ist – das Management des Komplexen – in verdaubaren Happen darstellt.
Jeder, der neu in diese Diskussion einsteigt, würde davon profitieren, die vorherigen Beiträge zu lesen, damit dieser für ihn Sinn ergibt. Zum zu den vorherigen Beiträgen zu gelangen, geht auf http://savory.global/newsroom und klickt dort auf „Allan Savory Uncendored“, wo sich eine Liste der Beiträge findet. Der letzte Beitrag war http://bit.ly/1ROtjDh

Richtig gemanagte Nutztiere – Das fehlende Werkzeug

Das fehlende Werkzeug sind Nutztiere (die trampeln und grasen) ohne die es uns nicht möglich ist, ernsthaft und erfolgreich die Wüstenbildung und den Klimawandel anzugehen.
In meinem 2013er TED-Talk http://www.ted.com/talks/allan_savory_h ... _campaign=
sagte ich, wir hätten nur eine Option: Das Undenkbare zu tun – Nutztiere zu verwenden. Einige Leute stellten mich auf die Probe, indem sie hervorhoben, dass es immer mehrere Optionen gäbe. Umso mehr, da ich das nur hervorgehoben hatte. Ich tue das aus zwei Gründen. Erstens, weil die Situation ernster ist als alle Kriege, die je gefochten wurden und zweitens, weil kein einziger bisher meine Logik oder meine wissenschaftlichen Ausführungen widerlegen konnte, obwohl viele darüber gespottet haben.

Die Verunglimpfung der Nutztiere

Wir haben jahrhundertelang die Nutztiere beschuldigt, an der Wüstenbildung schuld zu sein, und in letzter Zeit auch noch am Klimawandel. Heute haben sind buchstäblich Hunderte von Prominenten der wachsenden vegetarischen und veganen Bewegung angeschlossen, um die Umwelt zu retten. Und hochangesehene Wissenschaftler mit hoher Medienpräsenz betonen, wie wichtig es wäre, dass die Menschheit weniger Fleisch, besonders rotes Fleisch, verzehrte.

Weil ich Wildtiere liebe und mit eigenen Augen den Schaden sehen konnte, der dort entstand, wo Rancher und Hirten ihre Herden hielten, war ich einst selbst Teil dieses Widerstandes gegen die Nutztiere und Rancher und Hirten, der in den USA, Israel und China zu einem regelrechten kulturellen Völkermord führte.

Man kann niemandem die Schuld dafür geben, dass wir das falsch interpretiert haben, was wir alle so klar durch die Linse unserer Überzeugungen sehenden konnten. Dass ich dort, wo wir in der wunderbaren Wildnis Afrikas neue Nationalparks einrichteten, den Verlust an Biodiversität und den Beginn der Wüstenbildung beobachten musste, brachte mich schließlich dazu, das Dogma meiner Universitäts-Ausbildung und meine Überzeugungen als Wissenschaftler zu hinterfragen. Trotz der Schwemme an durch Experten begutachteten wissenschaftlichen Veröffentlichungen und internationalen Reports gibt es keinerlei Forschungsergebnisse die belegen, dass die Nutztiere und nicht unser Management der Nutztiere die Wüstenbildung oder den Klimawandel verursachen.
Also lasst uns das diskutieren. Aber bevor wir damit anfangen, schaut euch dieses Bild extremer Wüstenbildung an, so schlimm wie jede andere auf der Erde:

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Auf diesem Land standen seit fast 100 Jahren keine Nutztiere mehr. Es wird durch den US-Nationalpark-Service gemanagt, einer wunderbaren Organisation mit hochqualifiziertem Personal und mit all dem Knowhow der Vereinigten Staaten. Hundertausende Dollar wurden dort in Bodenschutz-Maßnahmen investiert, ohne jeden Erfolg. Wird nach den Gründen gefragt, ist eine gängige Antwort, dass das Vieh die Fläche derart zerstört habe, dass sie sich nicht mehr erholen könne. Auch so eine Überzeugung, die ich eins teilte und die ich für ein Gebiet in Rhodesien in einer wissenschaftlichen Arbeit „bewies“ , was dazu führte, dass tausende von Rindern und 50.000 Wildtiere getötet wurden. Danach wurde es schlimmer statt besser, weil die „Zerstörschwelle schon überschritten war“. Ich lag falsch, wie wir alle. Also lasst uns die Gründe dafür beleuchten.

Verteilung der Feuchtigkeit über den Jahresverlauf

Alle Lebensräume auf den Landmassen der Erde lassen sich irgendwo auf einer Skala der Feuchtigkeits-Verteilung übers Jahr einordnen, egal wie hoch oder niedrig der Gesamtniederschlag ist. Einige Lebensräume genießen trotz niedrigem Gesamtniederschlag das ganze Jahr über Feuchtigkeit. Andere durchlaufen trotz hoher Gesamtniederschläge Phasen von Nässe und Trockenheit. Der Gesamtniederschlag von London und Johannesburg ist vergleichbar, sie liegen aber in sehr unterschiedlichen Lebensräumen. Als Wissenschaftler waren uns trockene und halbtrockene Regionen aufgefallen und wir gingen davon aus, dass in letzteren die Wüstenbildung erfolgt. Das erklärte aber nicht die Wüstenbildung, die ich in Gegenden mit hohem, aber saisonalem Niederschlag beobachtete. Um das neue Konzept zu beschreiben, schuf ich den Begriff Sprödigkeits-Skala. Alle Lebensräume liegen irgendwo auf einer einfachen Skala von 1 bis 10, von nicht spröde bis sehr spröde. Nehmt tote Blätter und Pflanzenstängel in die Hand. Am unteren Ende der Skala lassen sie sich einfach zusammenknüllen. Am oberen Ende der Skala zerbrechen sie wie Glas, so spröde sind sie. Deshalb verwende ich den Begriff Sprödigkeit.

Die Bedeutung des biologischen Abbaus für den Kreislauf des Lebens

Damit das Leben blühen kann ist es unabdingbar, das alles Sterbende, inkl. der jährlich absterbenden Pflanzenmasse, im einem Kreislauf zurückgeführt wird. Pflanzen, Tiere, Menschen müssen geboren werden, wachsen, sterben und zersetzt werden. Unterbricht man diesen Kreislauf an irgendeiner Stelle, geht es mit dem Leben abwärts. Obwohl wir das als Wissenschaftler wussten, haben wir nie daran gedacht uns anzusehen, wie dieser Kreislauf an unterschiedlichen Stellen der Sprödigkeits-Skala funktioniert. Wir wussten einfach: Wo kein neues Leben entsteht, geht es mit dem Leben zu Ende. Wir wüssten, dass keine Lebensform dem Tod entgehend konnte. Und wir dachten nicht im Traum daran, dass der Kreislauf des Lebens im Zersetzungs-Abschnitt zerbrechen könnte, bei den jährlich absterbenden Grasblättern und –Stängeln in den großen Gebieten der Erde, die im oberen Bereich der Sprödigkeits-Skala liegen. Und auch nicht daran, dass dies die Etablierung neuer Pflanzen verhindern und damit eine Kettenreaktion von Problemen auslösen würde, die zu Wüstenbildung und Klimawandel führen.

Bodenleben, Pflanzen und Tiere sind in Koevolution entstanden, als ein hochkomplexes Ganzes

In jeder Art von Lebensraum auf der Skala von permanent feucht zu saisonal feucht bis fast ständig trocken sind die Böden, Pflanzen und Tiere in Koevolution als ganze biologische Gemeinschaften entstanden. Auch wenn Gräser, Kräuter, Büsche und Bäume überall auf der Skala zu finden sind – beim Tierleben haben sich die größeren Unterschiede entwickelt. Am unteren, mehr feuchten Ende der Skala gibt es wenige große Pflanzenfresser und den Großteil der Pflanzenfresser stellten und stellen die Insekten. Je weiter wir auf der Skala nach oben gehen, desto höher wird der Anteil großer Pflanzenfresser an der Gesamtmenge der Pflanzenfresser. Am unteren, feuchten Ende der Skala jagten die meisten großen Raubtiere (wie Jaguare und Tiger) alleine und durch Anschleichen, wegen der wenigen Beutetiere. Weiter oben auf der Skala waren die meisten Räuber Rudeltiere, wegen der großen Anzahl an Beutetieren.

Durch diese Evolution der Lebensformen, und weil sie nur wenige grasende Herdentiere und wenige im Rudel jagende Raubtiere vorzuweisen haben, ist für feuchtere, wenig spröde Lebensräume charakteristisch, dass größere Störungen über Jahrhunderte ausbleiben, wie wir an diesem Bild sehen können:

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Am anderen Ende der Skala haben in der Vergangenheit Milliarden großer Pflanzenfresser die eher spröden Lebensräume abgegrast und regelmäßige, intensive Störungen über Millionen Jahre zur Norm gemacht, bis zum Eingreifen des modernen Menschen. Diese Lebensräume sind im Wesentlichen die Grasland-Gebiete der Erde, in denen Graspflanzen eine Hauptrolle in der Versorgung allen Lebens und in der Bedeckung des Bodens spielen, wie wir im folgenden Bild sehen können:

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Während wir Kapital und Aufmerksamkeit auf unsere wichtigen tropischen und anderen Wälder und ihre Biodiversität richten, kann man, denke ich, sagen, dass wir unsere viel umfangreicheren Grasland-Lebensräume weitgehend ignorieren, egal ob es sich um offenes Grasland, laubabwerfende Trockenwälder oder Savannen handelt. Es sind ehemalige Graslandgebiete, mit ihren ehemals tiefgründigen, kohlenstoffreichen Böden, die heute die Kornkammern der Erde bilden. Und Jan Smuts (dem wir die Theorie der Ganzheitlichkeit verdanken) sagte folgendes: „Im Allgemeinen könnte ich sagen, dass die Menschen die Bedeutung des Grases für die menschliche Existenz nicht verstehen. All die wichtigen Cerealien, die das menschliche Leben erhalten, wie Weizen, Reis, Mais, Hirse, sind Gräser… Auch Fleisch ist, durch die Tiere, ein Produkt der Gräser. Deshalb ist, direkt oder indirekt, alles Leben Gras, und nicht nur wie Gras, wie die Poeten sagen. Und wenn wir bedenken, wie klein dieser Planet ist, und wie schnell die menschliche Rasse sich ausbreitet und ihn überbeansprucht, dann fangen wir an zu verstehen, in welchem Ausmaß die gesamte Zukunft der menschlichen Rasse auf diesem Planeten von dem Fortschritt abhängig ist, den wir in der Entwicklung unserer Gras-Ressourcen erlangen…“
Weil diese spröden Lebensräume, die im wesentlichen Grasland sind, so lebenswichtig für unsere Zukunft sind, und weil sie so große Flächen der Landmasse der Erde bedecken, ist es so wichtig, ihr Ausmaß zu verstehen. Am besten sieht man das vermutlich an den braunen bis hellgrünen Regionen auf dieser NASA-Weltkarte:

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Wie viele große Pflanzenfresser gab es früher auf der Erde?

Wir können die Zahlen an Pflanzenfressern nicht fassen, die von frühen Menschen ausgelöscht wurden, die sich von Aasfressern zu Jägern entwickelt hatten. Rudeljagende Raubtiere sondern ein Tier von der Herde ab, um es zu töten, und dann Fressen viele Raubtiere ein Tier. Sie sind als reine Fleischfresser von ihrer Beute abhängig, und bleiben so normalerweise in Balance mit ihrer Nahrungsgrundlage. Menschen sind weder reine Fleischfresser noch geborene Jäger. Wir sind Allesfresser die gelernt haben, große Tiere zu töten, und mit Sprachfähigkeit, die uns ermöglichte uns beim Einsatz von Speeren und Feuer zu koordinieren. Während es uns schwer viel, einzelne Tiere zu isolieren, waren wir in der Lage, ganze Herden zu lenken und sie über Klippen, in Fallen aus Steinmauern, in Flüsse oder Sümpfe zu treiben oder sie durch Feuer einzukreisen. Wir töteten tausende auf einmal und aßen nur wenige. Da wir Allesfresser sind, konnten wir, wenn wir eine Beute ausgerottet hatten, uns einfach die nächste suchen oder andere Nahrungsquellen nutzen und legten weiter an Zahl zu. Heute noch werden Orte solcher Massentötungen gefunden, an denen nur wenige der Beutetiere gegessen wurden. Und in früheren Grasland-Gebieten, die heute Wüsten sind, finden sich kilometerlange Steinmauern, die V-förmige Trichter bilden, welche zu Tötungsstätten führen.

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Die erstaunlichen Tierzahlen in historischen Berichten waren nur Überreste

In einem kürzlichen Vortrag im Rahmen der Schumachter Lectures https://www.youtube.com/watch?v=IrBauQO2sI4 zitierte ich einige frühe Berichte über unglaubliche Tierzahlen – Herden, die kilometerweit die Landschaft bedeckten, unzählbar, und den Eindruck erweckend, das Land und nicht die Tiere würde sich bewegen. Das waren Berichte über Bisons in Nordamerika und verschiedene Antilopen im südlichen Afrika, ca. 100 Jahre bevor ich geboren wurde. Und das waren mit hoher Wahrscheinlichkeit nur die traurigen Überreste früherer Arten- und Individuenzahlen. Heute gibt es offenbar noch ca. 11 Arten großer Pflanzenfresser in Nordamerika. Einst gab es dort 40 weitere Arten.
Während in Afrika wegen seiner Fläche und menschlicher Krankheiten mehr Arten überlebten, sind anderswo viele Pflanzenfresser und ihre Jäger komplett verschwunden, in Gebieten deutlich größer als die USA.

Nirgendwo gibt es noch intakte biologische Gemeinschaften. Es war wirklich ein glücklicher Zufall, dass ich junger Biologe an einigen Überbleibseln arbeiten konnte, wo ich eine erste Ahnung davon entwickelte, dass die Gesundheit des Landes mit einer hohen Zahl an Pflanzenfressern und ihren Jägern zusammenhängt.

Was verursacht die Wüstenbildung in spröden Grasland-Lebensräumen?

Jahrhundertelang haben wir es auf eine zu hohe Zahl an Tieren geschoben – Vieh, welches die Gräser überweidet. Das ist eine tief verankerte gesellschaftliche Überzeugung, deren angenommene Gültigkeit auf Beobachtung und Glaube beruht, aber nicht auf Wissenschaft.

Menschengemachte Wüstenbildung beginnt, wenn der verfügbare Niederschlag weniger effektiv wird. Ein Großteil des Regens (oder Schmelzwassers) fließt oberflächlich ab oder wird zwar vom Boden absorbiert, verdunstet dann aber an der Bodenoberfläche – was zu beidem, zuerst Überschwemmungen und dann Dürre, führt.
Effektiver Niederschlag ist ein Begriff, den ich in den 1960er Jahren entwickeln musste, als ich zum ersten Mal bemerkte, wie oft in Afrika Überschwemmungen und Dürre im Zusammenhang stehen.

Dass die Niederschläge weniger effektiv werden, beginnt auf den großen, spröden Graslandflächen der Erde mit zunehmender Bodenexposition zwischen den Graspflanzen. Nach 60 Jahren Untersuchungen und Literatur-Recherche, habe ich nur zwei Dinge gefunden, die zu Millionen von Hektar Grasland mit einem hohen Prozentsatz nacktem Boden zwischen den Pflanzen führen. Zu wenige Tiere, die nur unzureichende regelmäßige Störungen verursachen, während sie gleichzeitig die Pflanzen überweiden – und Feuer. Da beides seit Jahrhunderten Standardpraktiken sind , wäre es ein regelrechtes Wunder gewesen, wenn sich die weltweite Wüstenbildung nicht ausgebreitet hätte.

Zu wenige Grasfresser ohne Hirten und ohne Zusammenballungs-Verhalten erzeugen weder genug physische Störung um den schnellen biologischen Abbau der jährlich absterbenden Grasblätter und –Stängel zu gewährleisten, noch trampeln sie genug Pflanzenmaterial platt, um die Bodenbedeckung zu gewährleisten. Durch die Sonnenstrahlung zersetzt sich das verbleibende biologische Material langsam mittels chemischer Oxidation, wodurch der jährliche Lebenskreislauf der Graspflanzen im Bereich des biologischen Abbaus der absterbenden Blätter und Stängel unterbrochen wird. Die Pflanzen werden geschwächt und sterben vorzeitig, was zu nacktem Boden zwischen immer weiter auseinander stehenden Pflanzen führt, zum Breitmachen holziger Pflanzen, zu einer verkrusteten Bodenoberfläche, die das Wasser abhält und zur Wüstenbildung.
Über hunderte Jahre haben Menschen das Feuer genutzt, um das alte, oxidierende Gras abzubrennen und Umweltschutzorganisationen und Wissenschaftler befürworten noch immer den Einsatz von Feuer, um „gesundes Grasland zu erhalten“. Über eine Milliarde Hektar Grasland wird alleine in Afrika jedes Jahr abgebrannt, eine Praxis die zu Dürre, Überschwemmungen, Armut, Gewalt, Wüstenbildung und Klimawandel führt.

Was Nutztiere können, das andere Werkzeuge nicht können.

-Bei ausreichender Zahl und ausreichendem Herdenverhalten erhält das Vieh den biologischen Abbau des absterbenden Pflanzenmaterials im jährlichen Kreislauf der spröden Grasland-Lebensräume.
-Durch den starken Trampel-Effekt drückt das Vieh totes Pflanzenmaterial auf den Boden und sorgt so für eine Mulchdecke zwischen den Pflanzen. Und es bricht durch den Tritt die verkrustete Bodenoberfläche auf. Dies verbessert, zusammen mit Dung und Urin, wie jeder Gärtner weiß, die Versickerung des Wassers, das Wasserhaltevermögen und die Möglichkeit, dass neue Pflanzen sich etablieren und gedeihen können.
-Die Überweidung der Pflanzen wird dadurch verhindert, dass die Tiere ständig weiterbewegt und daran gehindert werden, länger auf einer Fläche herumzubummeln und die pflanzen abzugrasen, weil, wie uns die Wissenschaft lehrt, Überweidung nichts mit hohen Tierzahlen zu tun hat. Überweidung tritt auf, wenn Pflanzen für zu viele Tage am Stück den Tieren ausgesetzt werden oder schon vor Ablauf einer ausreichenden Erholungsphase wieder beweidet werden. Eine Funktion der Zeit, nicht der Zahl.

Was kann man mit den bisherigen vier Werkzeugklassen der Menschheit – Technologie, Stilllegung, Feuer und lebende Organismen, gegen den Klimawandel ausrichten?

Technologie

Die Gesellschaft glaubt (und deshalb auch unsere Organisationen), dass die Technologie uns retten wird. Technische Lösungen gegen die Wüstenbildung saugen enorme Summen an Fördermitteln auf. So haben die USA und anderen Nationen viele Millionen Dollar in große Maschinen zur Nachahmung von Tierverhalten investiert, ohne Erfolg, in das Säen und Pflanzen von Gräsern, Büschen und Bäumen, ohne Erfolg, und vergangene Zivilisationen haben das Auffangen von Wasser mit Swales und anderen Techniken perfektioniert, ohne Erfolg.

Das einzige, wo Technologie helfen kann, und das auch tut, ist Alternativen zu den fossilen Energieträgern zu entwickeln, die ebenfalls für den Klimawandel geschmäht werden. Etwas, wofür sich Al Gore erfolgreich eingesetzt hat. Das hat er bei einem kürzlichen TED-Talk wiederholt , in welchem er die ermutigende Geschwindigkeit des Wandels hin zu regenerativen Energien beschrieb und versprochen hat, dass wir gewinnen werden! Obwohl es lebensnotwenig ist, Formen der nachhaltigen Energiegewinnung zu entwickeln, müssen wir doch den Überblick behalten und die größere Komplexität im Kopf behalten.

Alternative Energien zu entwickeln, um dem Ausstoß von Kohlendioxid und anderen Gasen in die Atmosphäre ein Ende zu bereiten, ist nur ein Teil des Problems. Der Klimawandel wird weitergehen, wegen all des Kohlenstoffs und anderer Gase, die aus der Landwirtschaft, der Bodenzerstörung, dem Verbrennen von Biomasse (jährlich Milliarden Hektar Grasland und regelmäßig Millionen Hektar Wald) und natürlich auch die Wüstenbildung.

Im zweiten Blog-Beitrag dieser Serie habe ich betont, dass das Management des Komplexen die mit Abstand größte Herausforderung ist, der wir gegenüber stehen. Und ich habe betont, dass alles, was wir „herstellen“ Technologie beinhaltet und per Definition keine sich selbst organisierenden komplexen Systeme enthält. Die Entwicklung alternativer Energiequellen ist ein Beispiel dafür – wieder einmal stellen wir etwas her und nutzen dazu Technologie – in diesem Fall Strom aus Sonnenlicht und Wind – und haben es nicht mit komplexen Systemen zu tun. Bitte versteht mich nicht falsch. Das ist sehr wichtig. Bevor wir davon träumen können zu gewinnen, müssen wir den Großteil der weltweiten Wüstenbildungs- und Klimawandel-Probleme anpacken, bei dem es darum geht, durch unsere Organisationen das zu managen, das komplex ist – die Natur.

Feuer ist einfach schnelle Oxidation und kein biologischer Abbau. Feuer zerstört totes Pflanzenmaterial, exponiert so noch mehr Boden und verschmutz die Atmosphäre, so wie es das Verbrennen fossiler Energieträger tut.

Silllegung (Wir legen Land still, um es zu erhalten und nennen das Umweltschutz.)
Anhand dessen, was ich über spröde Lebensräume und die lebensnotwenige Rolle einer großen Zahl an Pflanzenfressern geschrieben habe, kann jetzt hoffentlich jeder verstehen, wieso das Land auf dem zweiten Bild in diesem Beitrag, das seit fast 100 Jahren kein Vieh mehr gesehen hat und komplett stillgelegt ist, zur Wüste wird.

Die Bilder unten habe ich nicht weit von meinem Zuhause in New Mexico am Rio Grande Fluss im Aldo Leopold memorial forest aufgenommen. Sie zeigen oxidierende, absterbende Gräser, nackten Boden und Biodiversitätsverlust in diesem so sorgsam geschützten Auwaldbereich.

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Während die charismatischen Pappelbäume entlang des Flusses geschützt werden, verliert der Großteil der Fläche seine Biodiversität, die von bedecktem, lebendem Boden abhängig ist, durch längst abgestorbene Gräser und dauerhaft nackten Boden.

Teilweise oder komplette Stilllegung

Unter den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die die Entwicklung des ganzheitlichen Rahmens für das Management des Komplexen ermöglicht haben, waren nicht nur das Erkennen der Sprödigkeits-Skala, der Rollen der großen Grasfresser und der Raubtiere, der kontraproduktiven Effekte der Stilllegung solcher Flächen, sondern auch das Konzept der teilweisen Stilllegung.

Teilweise Stilllegung ist das, was passiert, wenn Pflanzenfressern auf dem Land sind, aber in geringer Zahl und/oder die meiste Zeit auf der Fläche verstreut. Der Effekt der teilweisen Stilllegung entspricht in allen Lebensräumen entlang der Sprödigkeits-Skala weitgehend dem der totalen Stilllegung. In anderen Worten: Teilweise oder komplette Stilllegung am unteren Ende der Skala, in eher feuchten Lebensräumen, führt zur Erholung und richtet keinen Schaden an. Wenn man auf der Sprödigkeits-Skala weiter nach oben geht, wird der Effekt der Stilllegung zunehmend zerstörerisch und führt zur Wüstenbildung. Das nächste Bild veranschaulicht diese wichtige Feststellung.

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Diese Fläche an der Grenze des oben gezeigten, vom US Nationalpark-Service gemanagten Landes, das sowohl wenig Gesamtniederschlag hat, also auch weit oben auf der Sprödigkeits-Skala liegt, zeigt auf beiden Seiten des Zaunes massiven Biodiversitätsverlust und Wüstenbildung. Auf der einen Seite des Zaunes beharren die Weideland-Wissenschaftler darauf, dass es mit Navajo – Schafen überbesetzt und überweidet sei und das Land ist sichtbar in schlechtem Zustand. Die andere Seite des Zaunes wird als Schutzgebiet gemanagt, wo vor fast 100 Jahren sämtliche Nutztiere entfernt wurden und wo hunderttausende Dollar in Bodenschutzmaßnahmen investiert wurden. Nach vielen Jahren unterschiedlicher Bewirtschaftung überlasse ich es euch zu entscheiden, welche Fläche auf welcher Seite des Zaunes liegt.

Der Grund weshalb die zwei Seiten nicht unterscheidbar sind liegt darin, dass auf einer Seite die totale Stilllegung der dominierende Einfluss war und auf der anderen Seite die teilweise Stilllegung dominierte. Und die Ergebnisse sind beinahe identisch. Und das wir durch zahllose Versuchsflächen der US-Regierung bestätigt, die überall in den westlichen USA verstreut sind.

Nicht nur in den USA sehen wir solches Versagen des Umweltschutzes bei der Wiederherstellung der Biodiversität in spröden Lebensräumen, sondern auch in den Nationalparks Afrikas, wie wir in diesem Park in der Nähe des Ortes, wo ich einen großen Teil des Jahres lebe, sehen können.

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Trotz all der Belege, wie erwähnt, gibt es keine veröffentlichen wissenschaftlichen Artikel dazu. In dem Positionspapier der Range Science Society zum Klimawandel wird die Wüstenbildung auf den Forschungsflächen mit „unbekannten Prozessen“ begründet, was verständlich ist, weil wir nie die zugrundeliegenden Ursachen der Wüstenbildung verstanden hatten. Niemand hat daran in irgendeiner Weise Schuld. Ich zeige nur auf, was passiert und was seit Jahrhunderten passiert ist: Wir Menschen bleiben menschlich, selbst wenn wir hochqualifizierte Wissenschaftler sind, und sehen leicht das, was wir glauben. Aber manchmal übersehen wir die offensichtlichsten Beweise, wenn sie unseren tiefen Überzeugungen widersprechen.

Lebende Organismen sind das verbleibende vierte Werkzeug

Genau so wenig, wie wir auch nur Wasser trinken können ohne irgendeine Form von Technologie zu nutzen (Tasse, Becher, Wasserhahn, Plastikflasche) außer wir gehen zum nächsten Fluss und tun es mit Händen und Mund, können wir auch Pflanzen nicht ohne den Einsatz von Technologie als Werkzeug nutzen.

Der Einsatz von Technologie zum Säen und Pflanzen von Gräsern, Büschen und Bäumen, um die Wüstenbildung zu stoppen, löst nicht das Problem der Oxidation oder des biologischen Abbaus. Obwohl solche Maßnahmen von einigen als Erfolg bezeichnet werden, stellt sich bei näherer Untersuchung ausnahmslos heraus, dass es sich um weniger spröde, eher feuchte Lebensräume handelt, wo keine Wüstenbildung auftritt, oder um saisonal feuchte, spröde Lebensräumen, die ca. 600 mm (24 Inch) oder mehr Gesamtniederschlag haben, während Regionen mit starker Wüstenbildung viel weniger als 600 mm Niederschlag abbekommen. Und solche Praktiken ignorieren die Tatsache, dass solche Pflanzen nach Jahrtausenden ohne Technologie jetzt Technologie benötigen, um sich etablieren zu können. Augenscheinlich haben solches schon viele Zivilisationen versucht und sind gescheitert.

Was bleibt uns dann noch? Welche Optionen haben wir? Bis einige Wissenschaftler oder andere Personen ein anderes Werkzeug finden, das der Menschheit zur Verfügung steht, um jährlich auf Milliarden ha Land (viele davon mit weniger als 300 mm Niederschlag) den biologischen Abbau aufrecht zu erhalten, die verkrustete Bodenoberfläche aufzubrechen und den Boden mit Mulch zu bedecken, werden wir nicht in der Lage sein, den Klimawandel und die Wüstenbildung ernsthaft anzugehen. Ich hoffe, dass alle, die bis jetzt mitgelesen haben, verstehen, dass wir, da für die gesamte Menschheit so viel auf dem Spiel steht, jetzt Lösungen finden müssen.

In meinem nächsten Beitrag werde ich diskutieren was es bedeutet, Nutztiere richtig zu managen und wie einfach es ist, das zu tun. Weil es, erinnert euch, erheblich zu gesundheitlichen, wirtschaftlichen und ökologischen (was idealerweise verboten sein sollte) Problemen beiträgt, wie wir heute Nutztiere in industriellen Stallanlagen managen. Und dass es zu Wüstenbildung und Klimawandel führt, wie wir sie seit Jahrhunderten (und die meisten Rancher und Hirten machen es heute noch so) auf den Weideflächen gemanagt haben. Und in weiteren Beiträgen werde ich diskutieren, warum sich Nutztiere in jeder Hinsicht als ebenso wichtig wie die Technologie erweisen werden, wenn zukünftige Generationen erblühen sollen.


Manfred
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Re: Allan Savory Blog - auf Deutsch

Beitrag von Manfred »

Beitrag 7

Quelle: http://savory.global/allanUncensored/wh ... stock-mean

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Was bedeutet „richtig gemanagte Nutztiere?

17. April 2016

In meinem 6. Beitrag habe ich diskutiert, wieso richtig gemanagte Nutztiere essentiell für den Erhalt unserer Zivilisation, wie wir sie kennen, sind. Jetzt lasst uns diskutieren, was richtig gemangte Nutztiere bedeutet. Denn nur wenn wir sie richtig managen, werden wir in der Lage sein, die mit der Wüstenausbreitung und dem Klimawandel verbundene Komplexität anzugehen.

Lasst mich zunächst klarstellen, was richtiges Management ist.

Industrielle Tierfabriken

Der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass Landwirtschaft auf der Biologie basieren sollte. Die Mainstream-Landwirtschaft basiert aber auf Chemie und Technologie, angetrieben durch Universitäten, Firmen, bedeutende gemeinnützige Stiftungen, Regierungen und internationale Organisationen – die Folge reduktionistischen Managements und reduktionistischer Richtlinien.

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Buchstäblich Millionen von Rindern, Schweinen und Geflügel werden in industriellen Tierhaltungsanlagen gemanagt. Z.B. Sauen in kleinen Käfigen, die den Müttern kaum Platz lassen, sich zu bewegen. Das ist kein richtiges Management von Nutztieren. Der Verband besorgter Wissenschaftler (Union of Concerned Scientists) hat diese Praktiken kritisiert. Veganer und Vegetarier die ihre Empörung äußern, tun dies meines Erachtens zurecht – solche Praktiken sind nicht nur inhuman gegenüber den Tieren, Tiere auf solche Weise zu behandeln erniedrigt auch die Menschen. Abgesehen davon, dass sie inhuman und erniedrigend sind, schädigen Tierfabriken auch die Umwelt, die Wirtschaft und die menschliche Gesundheit. In jeder Nation, die sich als zivilisiert bezeichnet, sollte eine solche Behandlung der Tiere verboten sein. Leider haben die Tierfabriken dazu geführt, dass viele in der Gesellschaft die Nutztiere verunglimpfen statt zu verstehen, dass die Tiere unschuldig sind und reduktionistisches Management und reduktionistische Richtlinien das Problem sind.

Richtiges Management von Nutztieren fängt damit an, die Tiere auf der Fläche zu managen, auf eine Weise, die gut für den Boden und alles Leben ist – dass die Tiere gut behandelt werden, bis ihr Leben auf möglichst humane Weise enden. Einfach so, wie auch ihr und ich behandelt werden möchten.

Tiere auf der Fläche managen

Hier muss ich unterscheiden zwischen dem Management der Tiere in ganzjährig eher feuchten Lebensräumen (ca. 1/3 der Landmasse der Erde) und dem Management auf den viel großflächigeren Lebensräumen der Erde, die nur saisonal feucht und dann trocken sind. Erstere sind nicht-spröde Lebensräume, in denen abgestorbene Blätter und Stängel sich in eurer Hand weich zusammenknüllen lassen. Letztere sind spröde Lebensräume, wo abgestorbene Blätter und Stängel so spröde sind, dass sie in eurer Hand in kleine Stückchen zerbröseln.

Feuchte, nicht-spröde Lebensräume

Erinnert euch, dass die Landschaft um London das ganze Jahr über grün ist, während die um Johannesburg trotz der höheren Jahresniederschläge den größten Teil des Jahres trocken, staubig und braun ist, weil diese Städte in völlig unterschiedlichen Lebensräumen liegen. In den eher feuchten Lebensräumen, z.B. an den Ost- und Nordwestküsten Amerikas oder großen Teilen Europas, spielen die Nutztiere eine essentielle Rolle für die Regeneration und Gesundheit des Bodenlebens und damit für die Dekarbonisierung der Atmosphäre, aber nicht für die Bekämpfung der Wüstenausbreitung. In solchen feuchten Lebensräumen – erinnert euch an meine vorherigen Beiträge – führen Überweidung oder Stilllegung (ganz oder teilweise) der Pflanzen, egal in welchem Umfang, nicht zur Wüstenbildung.

Hier muss ich kurz abschweifen um die Verwirrung über die vielen unterschiedlichen Empfehlungen zu Beweidungs-Methoden zu diskutieren.

Der Grund für die allgemeine Verwirrung bezüglich des Weide-Managements

In seinem wegweisenden Buch „Diffusion of Innovations“ (die Ausbreitung von Innovationen) beschreibt Everett Rogers, wie sich Neuerungen in der Gesellschaft ausbreiten. Weil wir Menschen mit Egos sind, machen wir folgendes: Wenn wir etwas Neues lernen, geben wir diesen Neuen einen neuen Namen und verdrehen es, damit es so ausschaut, als wäre es unsere eigene Idee. Und so verteilen sich neue Ideen auf eine etwas chaotische aber letztendlich doch effektive Weise.
Sowohl auf der Basis von Voisins Arbeit als auch auf der Basis meiner Arbeit haben Leute allerlei eigene, neue „Beweidungssysteme“ entwickelt. Beispiele dafür sind Mob Grazing, Short Duration Grazing, Mangement Intensive Grazing, High Density Grazing, Cell Grazing und Adaptive Multi-Paddock Grazing. Tragischer Weise ging durch die neuen Namen und das Verdrehen der Arbeit anderer der simple Grund für den Erfolg verloren. So als würde ich euren Witz als meinen weiter erzählen, aber die Pointe weglassen! Die weggelassene Pointe war natürlich der Entscheidungsfindungs- und Planungsprozess.

Was die Leute in der Wirtschaft leicht verstehen, ist aus irgendeinem Grund schwierig für die meisten Rancher und Grünland-Wissenschaftler. Die Geschäftsleute verstehen, dass ein vorgegebenes Management-System ihnen da gute Dienste leistet, wo die Vorgänge vorhersehbar sind. Z.B. die Verwendung eines gängigen Buchhaltungs- oder Warenmanagement-Systems. Aber es würde ihnen nicht im Traum einfallen, ihr gesamtes Geschäft und all seine Unwägbarkeiten nach irgendeinem vorgegebenen „Geschäfts-System“ zu managen.

Die Verwirrung unter den Farmern, Ranchern und Grünland-Akademikern und in der Öffentlichkeit beruht, glaube ich, darauf, dass das Wort „System“ mit zwei unterschiedlichen Bedeutungen verwendet wird. Wir reden vom Ökosystem und anderen komplexen Systemen und meinen damit , dass das Ganze, oder das System komplex ist . Es funktioniert in Ganzen und Mustern, ist selbstorganisierend und tatsächlich komplex. In meinem zweiten Beitrag in dieser Serie habe ich diskutiert, wieso unsere Unfähigkeit Komplexität zu managen das Boot der Menschheit versenkt. Alles was wir mangen beinhaltet menschliche Organisationen und die Natur, beides per Definition komplexe, selbstorganisierende Systeme . Während das ziemlich klar ist, entsteht Verwirrung, wenn wir dasselbe Wort System in einem anderen Sinn verwenden, um eine vorbestimmte, vorgegebene Methode der Beweidung zu beschreiben. Das ist z.B. bei der Rotationsweide und vielen anderen Weidesystemen der Fall. Wer so etwas macht, ignoriert die soziale, kulturelle, wirtschaftliche und ökologische Komplexität, indem er ein Beweidungssystem (wie ein Buchführungssystem oder Warenwirtschaftssystem) empfiehlt, das die Rancher verwenden sollen.

Unter dem Strich kann in eher feuchten Regionen, wo sich keine Wüsten bilden, jedes aus der Fülle von Beweidungssystemen verwendet werden, solange die Tiere ihr Leben lang human behandelt werden. Das Land sollte besser werden, solange die Tiere gebündelt und in Bewegung gehalten werden. Die Leute werden mit dem, was sie tun, glücklich sein, wie viele gute Leute und diejenigen, die sie anleiten, es sind, weil sie die verborgenen Kosten nicht sehen. Für die meisten kleinen Weidebetriebe in den eher feuchten Regionen funktioniert Voisins einfacher Planungsprozess hervorragend und ist jedem Beweidungssystem überlegen. Meine Frau und ich haben Voisins Buch durch Island Press neu auflegen lassen, um sein Originalwerk für die leichter verfügbar zu machen, die es besser machen wollen, als jedes Beweidungssystem es kann.

Jetzt kommen wir zu Land, wo sich Wüsten bilden. Wie in den USA und auf dem Großteil der Erde. Land, wo die Niederschläge saisonal und schwankend sind und meist unter 400 mm (16 inch) im Jahr liegen, wo keine Technologie, kein Bäumepflanzen oder irgendetwas anderes außer Nutztieren wirklich geeignet ist, um die Wüstenbildung umzukehren und den Klimawandel zu adressieren. Auf diese Regionen müssen wir unsere Aufmerksamkeit richten, weil solche spröden Lebensräume die größte Landfläche auf unserer Erde bedecken, viel größer als die tropischen Wälder und die feuchten Regionen.

Spröde Lebensräume mit saisonaler Feuchtigkeit

Als ich in den 1960er Jahren realisierte, dass wir keine andere Option haben, um die Wüstenbildung auf dem Großteil der Landmassen der Erde umzukehren, als den Einsatz von Nutztieren, stand ich vor einem ernsthaften Dilemma. Wie sollte das zu bewerkstelligen sein?

Wie ich in meinem TED-Talk über die Wüstenausbreitung http://on.ted.com/Savory erklärte, hatten wir über 10.000 Jahre Erfahrung sachkundiger Hirten , die ihre Herden hüteten, sie vor Raubtieren schützen und sie ständig bewegten, so wie sie es auch heute noch tun. Aber das hat in der Antike zur Entwicklung der großen, menschengemachten Wüsten geführt und fördert noch immer die Wüstenbildung, während ich hier schreibe. Es war klar, dass das Hüten, wie es schon immer betrieben wurde und noch immer wird, die Wüstenausbreitung nicht umkehren würde.

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Außerdem hatten wir die Erfahrung aus ca. einem Jahrhundert wissenschaftlich geleitetem Weide-Managements. Und dieses beschleunigte die Wüstenbilderung schneller, als es die Hirten über Jahrtausende getan haben. Dieses Management beinhaltete verschiedenste Weidesysteme, Zäune, Wasserverteilung, die Verwendung von Maschinen, Feuer und Chemikalien. Es beinhaltete auch die anhaltende Reduzierung der Nutztierzahlen, was sowohl zu einem Genozid der Hirtenkulturen in Afrika, Israel, China und sonstwo führte, als auch zum Sterben der westlichen Ranch-Kultur in den USA. All das funktionierte eindeutig nicht. Was sollten wir also tun? Was sollen wir tun?

Alles was ich vor Jahrzenten wusste, war, dass wir lernen mussten, den Herdentrieb, das Zusammenballungs-Verhalten der Nutztiere, auf eine Weise zu nutzen, wie sie während der Evolution unter Anwesenheit der rudeljagenden Raubtiere entstanden war. Irgendwie mussten wir die Nutztiere als Werkzeug einsetzen, als Stellvertreter für das ehemals intakte Zusammenspiel aus ziehenden Pflanzenfresser-Herden und Rudel-Raubtieren, das nicht mehr existiert.

Und während wir die Nutztiere auf eine Art managten, die die Natur nachahmt, mussten wir auch noch hochkomplexe Situationen managen – sozial, ökologisch und wirtschaftlich. Voisin hatte uns einen Ansatz geboten – verwende irgendeinen Planungs-Prozess, um die Komplexität zu adressieren. Ich versuchte es mit Voisins Planungsmethode. Da sie aber für Europas dauergrüne Weiden entwickelt worden war, konnte sie die größere Komplexität nicht bewältigen, der wir in Afrikas Savannen gegenüberstanden. Noch konnte Voisins Planungsmethode mit sozialer und wirtschaftlicher Komplexität umgehen. Da wir Ökologen noch nie etwas Vergleichbarem begegnet waren, begann ich in anderen Fachgebieten zu recherchieren, um herauszufinden, ob irgendwer vergleichbar komplexe Situationen gelöst hatte. Das Vergleichbarste, das ich fand, waren militärische Erfahrungen, die in Europa über Jahrhunderte entwickelt wurden. Militärstrategen waren gezwungen, immer erfolgreichere Methoden für die Planung extrem komplizierter, sich schnell ändernder Situationen in akuten Gefechtssituationen zu entwickeln. Um das zu erreichen, haben schlaue Köpfe einen einfachen Weg ersonnen, wie man in einer oft chaotischen und veränderlichen Situation den jeweils besten Plan entwickelt. Statt das Rad neu zu erfinden, kupferte ich einfach das ab, was ich als Armeeoffizier der rhodesischen Armee auf der britischen Sandhurst Militärakademie erlernt hatte. So entstand das Holistic Planned Grazing (die ganzheitlich geplante Beweidung).

Ganzheitlich geplante Beweidung (geeignet für alle Lebensräume)

In diesem erfolgreichen und reproduzierbaren Prozess ist der erste Schritt für die Manager, das ganzheitliche Rahmenwerk zu verwenden, um die Komplexität zu managen. Man beginnt damit, seinen einzigartigen ganzheitlichen Kontext zu entwickeln, als Richtschnur für das Management. Das ist die essentielle Phase in der die Menschen für sich selbst festlegen, in ihrem eigenen Selbstinteresse, ob überhaupt Nutztiere gemanagt werden sollen und wenn ja, dann wie. In einem brasilianischen Regenwald z.B. würde jeder Bauer oder jede Kooperative an dieser Stelle feststellen, dass dort keine Rinder sein sollten. Rinder auf einer Weidefläche in einem gerodeten tropischen Regenwald zu halten, wäre sozial, ökologisch und wirtschaftlich schlecht und wäre deshalb nicht im langfristigen Eigeninteresse irgendeiner Person oder Kooperative.

Falls die, die managen, in Übereinstimmung mit ihrem ganzheitlichen Kontext, beschließen, dass Nutztiere essentiell sind, um ihre Leben zu verbessern, und das nichts anderes dies in dieser Situation leisten kann, dann wird die Planung der Tierhaltung auf der Fläche fortgesetzt. Fortgesetzt mit dem Wissen, dass dies die richtige Entscheidung in sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht für ihr eigenen Leben und für die zukünftiger Generationen ist.

Wie wird die ganzheitlich geplante Beweidung durchgeführt?

Militärische Denker haben die tiefgreifend einfache Idee entwickelt, komplizierte Situationen in kleine, verdauliche Teile zu zerlegen, und einen Teil nach dem anderen abzuwägen. Sogar ein gestresster Kopf kann das. Und dann, nach dem Durchdenken eines kleinen Teils, macht mit dem nächsten weiter, wobei jeder Schritt auf dem vorherigen aufbaut, um beim bestmöglichen Plan anzukommen. I konnte erleben, wie diese Methode in unglaublich komplizierten Situationen sogar für gestresste und erschöpfte Menschen inmitten eines Gefechts funktioniert hat. Aber es gab ein weiteres Problem. Schlachten dauern nur kurze Zeit. Menschen, die Nutztiere managen, müssen für Monate oder Jahre vorausplanen. Sie müssen unerwartete Wetteränderungen, Feuer, Giftpflanzen, Raubtiere, Ackerfrüchte, andere Landnutzungen, die Bedürfnisse von Wildtieren und noch mehr einplanen. Gleichzeitig müssen sie den sich im Verlauf des Vermehrungszyklus ändernden Nährstoffbedarf der Tiere berücksichtigen. Wie könnte ich die Idee aus der Militärplanung verwenden und so eine komplexe Situation über Monate lösen? Ganz einfach.

Indem wir die Planung als Diagramm aufzeichneten, konnten wir die Dimensionen Zeit, Fläche, Tierzahlen und viel Probleme, Angelegenheiten, den Wechsel der Jahreszeiten und mehr auf einem einigen Stück Papier darstellen. So einfach. Wir haben es versucht und es hat sofort funktioniert. Obwohl ich schon tausende Farmer und Rancher bei ihrer Planung habe scheitern sehen, habe ich bisher nie erlebt, dass ganzheitlich geplante Beweidung in irgendeinem Land gescheitert wäre. Immerhin baut dieses Vorgehen auf 300 Jahren Erfahrung durch helle Köpfe.

Ganzheitlich geplante Beweidung ist leicht zu lehren und so einfach, dass sogar Kinder sie verstehen können. In Afrika haben junge Leute frisch von der Mittelschule und ohne jede praktische Erfahrung innerhalb eines Tages gelernt, die Beweidung zu planen. Tatsächlich ist es eine Gaudi für jede Familie oder jedes Team von Menschen, fast wie ein Gesellschaftsspiel. Aus jedem Kopf sprudelt Wissen auf das Diagramm und am Ende plant man die Bewegung der Tiere, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Mangelnde Erfahrung war bisher nie ein Hindernis, weil Unwissen das Lernen nicht verhindert, im Gegensatz zu unseren Egos, wie wir bereits wissen.

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Die Schritte für die Planung der Beweidung sind in einem Aide Memoire zusammengefasst. (Der Begriff stammt aus dem Französischen, wegen der Ursprünge in den Militärschulen, und bedeutet Erinnerungshilfe.) Diese Erinnerungshilfe stellt sicher, dass einfache, kleine Schritte befolgt werden, die am Ende zum fertigen Plan führen. Die Erinnerungshilfe ist universell (anwendbar in allen Lebensräumen und jeder Art von Situation) und reflektiert die Erfahrungen auf diesem Gebiet von tausenden Farmern, Ranchern und Hirten. Training, inklusive Material für das Selbststudium, ist erhältlich und wird ständig verbessert vom Savory Insitute und seinem weltweiten Netzwerk aus lokal geführten und managten Hubs (Ein Netzwerk aus Vorzeige- und Schulungsbetrieben). Eine vereinfachte Version, zusammen mit Mobilisierungsmaterial für die Gemeinden (entwickelt mit finanzieller Unterstützung des US-Entwicklungshilfe-Ministeriums USAID) ist für Halbanalphabeten, Nichtregierungsorganisationen und andere in Afrika erhältlich.
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Eine junge Frau unterstützt halbanalphabetische Dorfbewohner in Zimbabwe bei der Weide-Planung für ihre Nutztiere.

Funktioniert Ganzheitlich geplante Beweidung?

Ihr werdet euch evtl. fragen ob das, was ich schreibe, von Ergebnissen oder durch die Anerkennung angesehener Einrichtungen gestützt wird. Ergebnisse wurden wiederholt demonstriert, über fast ein halbes Jahrhundert. Natürlich haben die Menschen das, was sie taten, mit unterschiedlichen Niveaus von Fähigkeit und Können getan, aber die Erfolge waren so groß, dass ganzheitlich geplante Beweidung inzwischen auf 20 Millionen Hektar auf sechs Kontinenten praktiziert wird. In den USA dominieren Ranches, die ganzheitlich managen, die Wettbewerbe für gutes Landmanagement. Obwohl die Verwendung von Nutztieren für die Umkehrung der Wüstenbildung den Glaubenssätzen der Gesellschaft und damit den Glaubenssätzen der Institutionen widerspricht, haben bereits einige renommierte Organisationen unsere Arbeit gewürdigt:
-Der australische Banksia Award 2003 für „die Person oder Organisation, die im globalen Maßstab das meiste für die Umwelt tut“
-Der amerikanische Buckminster-Fuller Award 2010 für „eine Strategie, die am effektivsten die größten Probleme der Menschheit angeht“
-Der Western A Price 2015 für „Integrität und Durchhaltevermögen in der Wissenschaft“
-Und aktuell sind wir Finalist beim Virgin Earth Challange, Sir Richard Bransons 25 Millionn Dollar Preis für skalierbare und nachhaltige Wege, Treibhausgase aus der Atmosphäre zu entfernen.

Kritik und Fehler

Das Verfahren, derart Komplexes zu managen, wurde über Jahrzehnte entwickelt, unter ständiger Kritik, die dabei half, Fehler sowohl in der Logik als auch in den wissenschaftlichen Grundlagen zu finden, also ganz so, wie sich Wissenschaft und Wissen normalerweise entwickeln. Seit den frühen 1980er Jahren wurden keine weiteren Fehler mehr gefunden und am ganzheitlichen Rahmenwerk wurden nur noch kosmetische Änderungen vorgenommen, trotz der Appelle an alle Wissenschaftler (die ich immer noch mache) beim Aufspüren von Fehlern entweder in der Logik oder den wissenschaftlichen Grundlagen zu helfen. Erinnert euch daran, dass es sich hierbei um einen Entscheidungsfindungs- und Planungsprozess handelt, der sämtliche verfügbaren wissenschaftlichen Informationen und weitere Wissensquellen verwendet.

Trotz dieser Feststellung wird jeder, der eine Google-Suche macht, ständig wiederkehrende Behauptungen finden, dass die ganzheitlich geplante Beweidung weder auf Wissenschaft basieren noch von Wissenschaft gestützt würde. Und dass es keine experimentellen Beweise gäbe. Solche Behauptungen, die von Gegnern durch soziale Medien weitläufig gestreut werden, stammen aus Veröffentlichungen, Berichten und Artikeln von Veganern, Umweltschützern und von Professoren an renommierten Universitäten, welche die „Legitimität als objektive Wissenschaftler“ erhöhen.

Obwohl wir all diese Artikel der Kritiker und wissenschaftliche Publikationen lesen, in der Hoffnung, dass sie etwas Neues gefunden hätten, konnten wir einen solchen Fall bisher nicht entdecken. Trotz ihrer akademischen Befähigung haben sich die Autoren solcher Veröffentlichungen immer wieder mit der einen oder anderen Variante eines Beweidungssystems beschäftigt, aber nicht mit dem ganzheitlichen Planungsprozess für die Beweidung. Diese Autoren zitieren sich auch immer wieder gegenseitig. In einer Veröffentlichung durch 8 Autoren (alle mit Doktortitel) wurden 19 Veröffentlichungen zitiert, die ihre Kritik belegen sollten. Aber als diese Kritiken alle zurückverfolgt wurden, inklusive der Veröffentlichungen, die in diesen 19 Dokumenten zitiert wurden, stellte sich heraus, dass nicht einziger davon je ganzheitlich geplante Beweidung untersucht hatte. Das zu behaupten, weil die Beweidungssysteme, die sie untersucht hatten, die Wüstenausbreitung nicht umkehrten, und daraus zu schließen, ganzheitlich geplante Beweidung sei nicht durch experimentelle Wissenschaft belegt, ist wirklich verdrehte Logik. Dieses Verhalten wird evtl. am besten in „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen ” von Thomas Kuhn beschrieben.

Wir sollten uns aber nie zurücklehnen und es ist meinen Hoffnung, dass alle von euch, die meine Blogeinträge lesen, alles was ich schreibe auf den Prüfstand stellen werden. Bitte fühlt euch frei, und tut es auch, dies mit allen Skeptikern und Kritikern die ihr kennt oder die ihr über Suchmaschinen finden können, zu teilen und sie einzuladen an dieser Diskussion teilzuhaben. In der ernsten Situation, in der sich die Menschheit befindet, bitte ich euch nur, nicht apathisch zu sein, der zukünftigen Generationen willen.

In meinem nächsten Beitrag werden ich zusammenfassen, warum nur das ganzheitliche Management des Komplexen – unter Einsatz von richtig gemanagten Nutztieren, kombiniert mit der Technologie zur Entwicklung nachhaltiger Energienutzung – ernsthaft den Klimawandel angehen und so zukünftigen Generationen die Hoffnung bieten kann, die sie verdienen. Bis dann.


Manfred
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Re: Allan Savory Blog - auf Deutsch

Beitrag von Manfred »

Beitrag 8

Quelle: http://savory.global/allanUncensored/To ... e-holistic

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Das Management muss ganzheitlich werden, um den Klimawandel aufhalten zu können.

27. April 2016

Zusammenfassung: Das Management des Komplexen und die Rolle der Nutztiere hinsichtlich des Klimawandels.

Meinen letzten Beitrag habe ich mit der Ankündigung beendet, dass ich zusammenfassen würde, warum es, wenn wir den Klimawandel jemals ernsthaft aufhalten wollen, absolut erforderlich ist, das Komplexe zu managen und richtig gelenkte Nutztiere einzusetzen, um die Wüstenbildung umzukehren und das Land zu heilen. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass die Zukunft unserer Zivilisationen an diesen zwei Notwendigkeiten hängt.

Rekapitulieren wir die Gründe für den Klimawandel

Soweit wir wissen, beruht der Klimawandel hauptsächlich auf zu viel Kohlendioxid, Methan, Stickoxiden und Ruß in der Atmosphäre und auf der Ausbreitung der Wüsten.
Es gibt immer noch einige, die die Tatsache des Klimawandels anzweifeln, aber nur wenige verleugnen die Ausbreitung der Wüsten im globalen Maßstab, weil die Beweise dafür unzweifelhaft sind.

Die Treibhausgase sind etwas natürliches, werden aber im Überschuss zu Schadstoffen, deshalb werde ich sie der Einfachheit halber Schadstoffe nennen. Einige bemerken den Beitrag der Landwirtschaft zu den Treibhausgas-Emissionen und fast alle schieben die Schuld für die Methanemissionen und die menschengemachte Ausbreitung der Wüsten auf die Nutztiere.

Die veröffentlichten Zahlen darüber, aus welchen Quellen die Schadstoffe stammen, variieren stark. Für meine Argumentation nehme ich daher in Näherung an, dass 50% aus fossilen Brennstoffen und 50% aus der Landbewirtschaftung (Bodenzerstörung, Verbrennen von Biomasse und Wüstenbildung) stammen. Zu menschengemachten Wüsten werden hauptsächlich die braunen Flächen auf untenstehender Karte, der Großteil der Landmasse der Erde.

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Quelle: NASA

Was müssen wir tun?

1) Damit aufhören zusätzliches Kohlendioxid und andere Schadstoffe in die Atmosphäre zu blasen.
2) Die bereits vorhandenen Schadstoffe (die geerbte Last) wieder aus der Atmosphäre entfernen und sie dort einlagern, wo sie für tausende Jahre sicher aufgehoben sind.
3) Die Wüstenbildung rückgängig machen.

Es gibt ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass wir die Schadstoffemissionen aus fossilen Brennstoffen stoppen müssen. Es gibt bisher kaum ein Bewusstsein für die Notwendigkeit, die bereits vorhandenen Schadstoffe wieder aus der Atmosphäre zu entfernen, und dafür, wo diese eingelagert werden könnten. Nur eine einzige Nation (Frankreich) hat auf der COP21-Konferenz in Paris die naheliegendste Lagermöglichkeit benannt: Den Boden. Durch einige Wissenschaftler wird vermehrt über die Nutzung von Technologie und Geo-Engineering zur Dekarbonisierung der Atmosphäre besprochen, und auch um die Erde zu kühlen.

Wenn wir nur das Problem der Verbrennung fossiler Energieträger lösen, dann wird, logisch betrachtet, die Erderwärmung schon wegen der Zeitverzögerung, bis dieser Effekt greift, und wegen des großen Beitrags der Landwirtschaft weitergehen. Solange die Landwirtschaft jährlich 75 Milliarden Tonnen Boden durch Erosion verliert, gibt es wenig Hoffnung, irgendwelche Gase einzulagern oder das Methan durch Bodenorganismen zu fixieren – der einzige sichere Platz, wo diese Stoffe sicher für tausende Jahre eingelagert werden könnten. Die Ozeane übersäuern bereits und mit Bäumepflanzen ist nicht zu erreichen was notwendig wäre, wie bereits in früheren Beiträgen diskutiert.

Wem geben wir die die Hauptschuld?

Die allgemeine Überzeugung ist, dass die fossilen Energieträger und die Nutztiere die Haupttäter sind, und es gibt deshalb wachsenden öffentlichen Unmut. Havard-Studenten setzen die Verwaltung mit der Forderung unter Druck, im Stiftungsvermögen die 36 Milliarden Dollar schweren Beteiligungen an den Top 200 der börsennotierten Fossile-Rohstoff-Unternehmen aufzulösen. Und buchstäblich hunderte von Prominenten bewerben einen veganen oder vegetarischen Lebensstiel zum Schutz der Umwelt.

Vorherige Blogeinträge
In den bisherigen Beiträgen habe ich dieses komplizierte Thema in verdaulichen Brocken aufbereitet:
Beitrag 1: Das mit Abstand größte Leck im Boot der Menschheit, das fast alle anderen Lecks noch vergrößert, während das Boot sinkt.
Beitrag 2: Unsere Unfähigkeit, den Unterschied zwischen komplizierten Dingen (alles, was wir unter Verwendung von Technologie herstellen) und komplexen Dingen (menschliche Organisationen und die Natur) zu verstehen.

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Alles in der linken Spalte enthält keine sich selbst organisierende Komplexität. Alles in der rechten Spalte enthält selbstorganisierende Komplexität und ist deshalb per Definition komplex.

Beitrag 3: Warum das Management der Komplexität die wichtigste Herausforderung für das Überleben der Zivilisation ist.
Beitrag 4: Warum die Menschheit Komplexität bisher nicht erfolgreich managen kann.
Beitrag 5: Wie wir die Komplexität in unseren Leben, Organisationen und der Natur managen können.
Beitrag 6: Das fehlende Werkzeug – richtig gemanagte Nutztiere – ohne das wir dem Klimawandel und der Wüstenausbreitung nicht erfolgreich begegnen können.
Beitrag 7: Was bedeutet „richtig gemanagt“?
Beitrag 8: Diese Zusammenfassung.

Alternativen zu den fossilen Energieträgern

In seinem TED-Talk Anfang 2016 hat Al Gore über die ermutigenden Erfolge bei der Entwicklung nachhaltiger Energiegewinnungsmethoden als Ersatz für die fossilen Energieträger gesprochen. Nur durch den Einsatz von Technologie kann diese notwendige Aufgabe erfüllt werden. Aber einmal mehr haben wir es mit etwas zu tun, dass wir herstellen – Energie aus Sonne, Wind etc. – und nicht mit dem Management von Komplexität.

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Was sind die komplexen Sachverhalte, die wir bezüglich des Klimawandels angehen müssen?

Wir müssen:
-den Ausstoß von atmosphärischen Schadstoffen aus der Landbewirtschaftung stoppen
-die Ausbreitung der Wüsten weltweit umkehren
-die bereits vorhandenen Schadstoffe wieder aus der Atmosphäre entfernen
-die überschüssigen Schadstoffe am einzigen für tausende Jahren sicheren Ort einlagern: Im Boden
-das globale Finanzsystem reformieren, das die Umweltzerstörung vorantreibt
-erreichen, dass die Öffentlichkeit besser über diese Probleme informiert ist, damit sich diejenigen Organisationen ändern können, die bisher den nötigen Wandel blockieren

All diese Aspekte des Problems beinhalten komplexe, selbstorganisierende Systeme und die Natur – wir müssen also die Komplexität mangen, wie ich in den bisherigen Beiträgen erklärt habe.

Lasst mich jetzt zusammenfassen was wir mit unserem genetisch verankerten Entscheidungsfindungsprozess erreichen können, den wir und alle unsere Organisationen bisher nutzen, mit einem Vorgehen in unserer üblichen, reduktionistischen Art und Weise:

Der genetisch verankerte Entscheidungsfindungs- und Richtlinienerstellungs-Prozess

Erinnert euch: Wenn wir diesen Entscheidungsfindungsprozess nutzen, wie es die Menschen über Jahrhunderte getan haben, dann reduzieren wir die soziale, ökologische und wirtschaftliche Komplexität (die nicht zu vermeiden ist) jeweils auf ein einzelnes Problem, das gelöst werden soll. Und wir haben nur 4 Arten von Werkzeugen für den Umgang mit der Komplexität der Natur:
-Technologie
-Feuer
-Stilllegung (in Ruhe lassen)
-Lebende Organismen (Bäume pflanzen etc.)

Es gibt dann keine weiteren Werkzeuge für das Management von Ökosystemen.

Unter Verwendung dieser vier Werkzeuge können wir:
1) Den Ausstoß von Schadstoffen aus fossilen Energieträgern stoppen, indem wir Technologie nutzen, um nachhaltige Energiegewinnungsmethoden zu entwickeln.
2) Geo-Engineering einsetzen, um die Schadstoffe aus der Atmosphäre zu entfernen und sie irgendwo einzulagern.
3) Geo-Engineering einsetzen, um die Erde zu kühlen
(Unter Geo-Engineering verstehen wir bewusste Eingriffe im großen Maßstab in das natürliche System der Erde, um mittels Technologie dem Klimawandel entgegen zu wirken.)

Was noch? Ich fürchte, das war‘s.

Bisher hat Technologie noch nie ein größeres Umweltproblem gelöst, ohne unbeabsichtigte Auswirkungen zu verursachen, und Geo-Engineering wird keine Ausnahme sein. Keine Technologie, die man sich auch nur vorstellen könnte, kann die globale Wüstenausbreitung umkehren und die Böden der Ackerflächen regenerieren. Der Einsatz von Technologie um Bäume zu pflanzen oder Gras zu säen kann, wie ich bereits erläutert habe, die Wüstenausbreitung nicht umkehren, weil er nicht die Ursache behebt – die Oxidation der bodenbedeckenden Pflanzen - was den Einsatz von Feuer notwendig macht, den viele Umweltschutz-Organisationen befürworten. Und riesige Flächen der Erde, viel größer als die USA, erhalten weniger als 200 mm (8 inch) an Niederschlägen – zu wenig, als dass Bäume eine Bodenbedeckung gewährleisten könnten. Auch der Einsatz von Technologie um Biokohle herzustellen, eine der vielversprechendsten Ideen, funktioniert wahrscheinlich am besten in den begrenzten Regionen der Erde mit konstanter und hoher Feuchtigkeit – den Regionen, wo keine Wüstenbildung erfolgt.
Noch einmal: Das ist der Grund, weshalb wir keine andere Option haben als eine besser informierte Öffentlichkeit.

Was können wir erreichen, wenn wir zusätzlich gut gemanagte Nutztiere einsetzen?

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1) Dekarbonisierung der Atmosphäre, indem wir als sicheren Speicher hauptsächlich die Grasland-Böden nutzen (Welche mit Abstand den größten Teil der Landmasse der Erde bedecken).
2) Umkehrung der Wüstenbildung weltweit, während wir gleichzeitig Menschen in großen, problematischen Regionen ernähren, wo 95% des Landes Menschen nur durch Tiere ernähren kann und wo der jährliche Niederschlag im Allgemeinen weniger als 200 mm beträgt.
3) Die Integration von Nutztieren in einen regenerativen (auf der Biologie aufbauenden) Ackerbau, um die Ackerböden zu regenerieren.
4) Regeneration der Methan-Abbauprozesse in den Böden.
5) Einsatz von Nutztieren, um das jährliche Abbrennen von Milliarden ha Grasland zu ersetzen.
6) Und durch den Einsatz von Technologie können wir die Schadstoffemissionen aus fossilen Energieträgern verhindern.

Ich könnte das fortsetzen, aber es ist genug, um meinen Standpunkt klar zu machen. Die Tabelle unten zeigt die grundlegenden Unterschiede, ob wir uns nur auf Technologie verlassen, oder ob wir den Schalter im Kopf umlegen und das Potential von richtig gemanagten Nutztieren ausschöpfen:

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Zusammenfassung:
In dieser Serie von Blogeinträgen habe ich mein Bestes versucht, um in einfacher Weise die extrem gefährliche Situation zu erläutern, der die Menschheit gegenüber steht – gefährlicher als alle bisherigen Kriege, sogar gefährlicher als ein Atomkrieg. Ich habe keinen einzigen Ort gefunden, wo das bisher auch nur versucht wurde, basierend auf einfachem, gesundem Menschenverstand, so dass einfache Menschen oder Nobelpreisträger es verdauen können.

Ich glaube, die meisten Menschen denken, dass schon irgendeine Führung – ein Politiker, eine Organisation, eine Institution – auftauchen wird, die das Ruder in die Hand nimmt und einen klaren Weg aufzeigt. Das wird nicht passieren, weil unsere Organisationen komplexe, weiche Systeme sind, unfähig eine Führungsrolle einzunehmen und unfähig zur Veränderung bevor nicht ein erheblicher Wandel in der öffentlichen Meinung erfolgt. Unsere Prominenten, als gute Menschen, was die meisten sind, tuen ihr Bestes um der Umwelt zu helfen, indem sie als Beispiele für ihre Fans wirken. Aber die meisten von Ihnen reagieren auf die Überzeugungen und den Druck ihrer Fans. Wie sonst könnte man den hohen Prozentsatz von Prominenten erklären, die Veganer oder Vegetarier werden? Wenn einer von Ihnen spricht, wie Leonarde de Caprio oder Brad Pitt, dann hören Millionen zu, und jubeln und teilen es in den sozialen Medien. Die großen Umweltschutzorganisationen, die so eine wichtige Rolle spielen könnten, tun es ebenfalls nicht, weil sie von der öffentlichen Meinung und Stimmung und Emotion abhängig sind, durch ihre Spendenabhängigkeit von einer Öffentlichkeit, die großteils die Nutztiere verdammt.

Lieder bin ich nicht bekannt genug, um die Prominenten und Millionen von Menschen zu erreichen, die einfach nur besser informiert werden müssten, weil wir nach dem handeln, was wir wissen oder glauben. Die meisten Menschen sind gut und tun ihr Bestes. Millionen von Menschen tweeten, bloggen, posten und teilen täglich Stückchen der Situation, der die Menschheit gegenüber steht. Während das auf der einen Seite gut ist, trägt es auf der anderen auch zur Verwirrung der öffentlichen Meinung bei.

Wir haben alles Geld der Welt. Der eine Luxus, den das Team Menschheit und die jüngeren Generationen nicht haben ist Zeit. Ich verzweifle, wenn ich sehe, wie Veganer gegen Fleischesser kämpfen, während gutmeinende Prominente noch Öl ins Feuer gießen. Ich verzweifle, wenn ich sehe wie darüber gestritten wird, wie viel Methan Kühe produzieren, oder wie viel Kohlenstoff Grasland absorbieren kann, während unser Boot untergeht und gute Menschen nur die Deck-Bestuhlung herumschieben. Selbst wenn Rinder 20 mal so viel Methan produzieren würden wie sie es tun, hätten wir immer noch keine andere Option als die Komplexität zu managen und Nutztiere einzusetzen . Um der zukünftigen Generationen der Menschheit willen, danke ich den paar von euch, die diese erste Serie meiner Blogeinträge gelesen und geteilt haben. Jeder kleine Beitrag hilft und Ihr habt geholfen. Vielen Dank!


Viktualia
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Registriert: 18.06.2018, 15:30

Re: Allan Savory Blog - auf Deutsch

Beitrag von Viktualia »

Ich gelobe öffentlich: Sollte irgendjemand, ob Viehalter, Ackerbauer, vom Studenten bis zum Nobelpreisträger jeden Fachgebiets, Fehler in der Wissenschaft oder der Logik hinter dem ganzheitlichen Management aufdecken oder ein größeres Leck in unserem gemeinsamen Boot finden, dann werde ich der erste sein, der dies anerkennt und der seiner Führung folgt.
Also folgen brauch er mir nicht, ich bin ja auch nicht die erste, die das folgende postuliert, aber ich wunder mich grade, weil doch diese "Spiral Dynamics" Sache https://de.wikipedia.org/wiki/Spiral_Dynamics "Teil der PK" (Ausbildungen?) ist, da muss doch vor mir schon jemand drauf gekommen sein, dass diese Aussage so nicht stehen gelassen werden muss:
Genetisch verankerte Denkstruktur
Jetzt kenn ich diese "Spiral D." Geschichte schon länger, bzw. mir ist die "Urform" schon vor 30 Jahren begegnet, vielleicht liegt es daran - und an meiner Ausbildung als Ergotherapeutin, ich säh ja alt aus, wenn das Denken genetisch wirklich auf diese Art eingeschränkt wäre.
Wahrscheinlich schreckt die meisten Landwirte dieses Gedöne mit "Göttlichkeit" ab, auf die "Sp.D." hinausläuft, kann ich irgendwie verstehen;
aber lasst uns doch mal bei den Wurzeln schauen: der Mr. Graves, der sich das als Warenzeichen hat sichern lassen, hat bei Ken Wilber abgeschrieben und Mr.Wilber bezieht sich in den "niederen" Anfangsstufen auf Herrn Piaget. https://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Piaget
Dessen Theorie über die "Kognitive Entwicklung" ist allgemein anerkannt, seit Jahrzehnten berufen sich alle die mit "Entwicklung", also Pädagogik und Psychologie zu tun haben, auf ihn, ganz normaler Lernstoff.

Es gibt die - "sensorische Intelligenz", wo Kind lernt, dass Wasser nass ist (Beige/purpur);
gefolgt von - "präoperabler Intelligenz" (rot), wo Kind meint, ein hohes Glas enthalte mehr Wasser als ein breites Glas mit der gleichen Menge, weil der Wasserstand dort "tiefer" ist,
es folgt die - "konkret operationale Intelligenz" (blau/orange), das Kind kann sich durch hin und herschütten ein Bild über "Volumen" machen, also auch mit einem Behälter Wasser aus dem Boot befördern;
wiederum gefolgt, genetisch festgelegt, aber dennoch nur im Idealfalle und eigentlich ab der Pubertät:
- "formal operationelle Intelligenz"(grün) , ich zitier hier mal Wiki:
Stadium der Formal-operationalen Intelligenz (ab 11 Jahre): Erwerb der Fähigkeit zum hypothetischen logischen Denken, was die Fähigkeit bedeutet, die konkreten logischen Operationen der Stufe 3 auf andere solche Operationen anzuwenden
---
Stadium der Formal-operationalen Intelligenz
Der junge Mensch kann nun «mit Operationen operieren», das heißt, er kann nicht nur über konkrete Dinge, sondern auch über Gedanken nachdenken, abstrakt denken und logische Schlussfolgerungen aus bloßen Hypothesen ziehen.
Wer kann sehen, dass diese Fähigkeit nötig wäre, um ohne Angst!, seinen Fuss auf ein Leck stellen zu können?!

Gelb: jemand, der "selbst" denkt.
Ein "Erwachsenen Ich" hat es bei Piaget noch nicht, deswegen hat vielleicht der Graves mit dem Stoff von Wilber das Warenzeichen bekommen...

Das ist aber jetzt nicht die einzige logische Unwucht, es geht ums "Lernen" allgemein.
Ich hab sofort gesehen, dass in seinem "Werkzeugkasten"
– Technologie, Feuer, Stilllegung und die Nutzung lebender Organismen in Form von Pflanzen und Micro-Organismen –
das "Denken" als Werkzeug fehlt;
hab an diesem Knochen genagt, ihn dann erst mal vergraben und erst wieder rausgeholt, nachdem mir der gute Mr.Wilber zufällig nochmal begegnete, in einem anderen Zusammenhang. Ich verlink mal ne Seite, die ne feine Zusammenfassung seines Werks hat (und mit der ich ansonsten nix zu tun habe!): https://www.landsiedel-seminare.de/ken- ... r-eyetoeye, an einer Stelle, die das Buch beschreibt, von dem ich mich hab inspirieren lassen:
das, was wir als "Wissenschaft" kennen und "anbeten", ist ja von dem guten Herrn Gallileo Anno 1600
als Widerlegung der Behauptung der Kirche, <große Gegenstände würden schneller fallen als kleine>,
dadurch begründet worden, dass er einfach mal von einem Tum was Großes und was Kleines hat runterfallen lassen.
Und siehe da: sie kamen gleichzeitíg an.
Gott macht keine Aussagen über die Fallgeschwindigkeit von Dingen.
Hat ne Weile gedauert, dann ist der Wahn in die andere Richtung gegangen: die Wissenschaft tut heute so, als könne sie Katzen lebendig machen. Obwohl sie die nur tot machen kann. Jeder kann Katzen töten. Oder Insekten, ich will ja beim Thema bleiben.
(Kennt ihr den? "Der Mensch kann auf dem Mond erwachen, aber keine Katze machen!" Reiner Kunze)

Mr. Wilber nennt das "Kategorialirrtum", ein sehr nützlicher Begriff, der es aber irgendwie noch nicht bis ins Wiki gebracht hat:
Die Wissenschaft untersucht bislang nur messend denkend die Welt, aber nicht "wissenschaftlich objektiv" ihr Denken;
unsere Gesellschaft ist, siehe oben, Gesamt gesehen rational kaum auf dem Stand Pubertierender, da ist das mit der "Bedarfsanalyse" halt sehr mühsam. So gesehen hinkt die Wissenschaft, grad als "Religionsersatz", total hinterher.
Ein goldenes Prä!-Pubertier, Verzeihung, aber sie ist nicht mal "grün hinter den Ohren", formal gesehen.
DAS ist der Grund, warum das mit dem "wissenschaftlichen" am "managen komplexer Zusammenhänge" nicht funkioniert:
es funktioniert, wird aber von "Wissenschaftlern" noch gar nicht als FUNKTION wahrgenommen, das systemische Denken.
(Frauen wuppen seit jahrtausenden den komplexen Zusammenhang "Familie", also bitte....)

Mathematik ist eine komplexe Wissenschaft, Musik auch. Ich bin keine Akademikerin, also halt ich mich bei Mathe mal raus (möchte aber anmerken, dass sich die "Logik von Teilmengen" sehr gut in jeder "neuen Wissenschaft" machen würde...) aber ich musste, als ich so drüber nachsann, wie ich mir denn den praktischen Teil so vorstelle, daran denken: ne Fuge. https://de.wikipedia.org/wiki/Fuge_(Musik) So was machen heutzutage Computer, mir kann doch keiner erzählen, man bekäme das nicht auf Landwirtschaft "runter gerechnet"? Oder?
(O.K., an dem Punkt denk ich dann immer an Kaufhausmusik - und Curtis Stone).

Noch ein wichtiger Punkt, von wegen "Idealerweise" und "Fuss aufs Leck" - habt ihr mitbekommen, was das Bewältigen der Angst (der Nanny neben dem größten Leck) mit der Funktion der "Formal-operationalen Intelligenz" zu tun hat?
Dem "erwachsenen Ich"? (gelb, systemisch integrativ...). Dem "Ich", das selbst denkt?
"Mit Operationen operieren" sollte irgendwann beinhalten, Rückschlüsse auf die eigenen Fähigkeiten zu verschiedenen Zeiten ziehen zu können. Denken zu können, dass man bei Angst weniger gut denken bis hin zu erstarren kann. Denn nur wenn man das denken kann, kann man was dran tun. Sich wieder bewegen oder weiter bewegen.
Der Teil geht auch leicht unter in diesem esoterischen Farbgedöns (´tschuldigung); die "andere Hälfte" der Quellen von Wilber (bei dem der Mr. Graves abgeschrieben hat) ist Maslows "Bedürfnispyramide", auch bunt, aber ganz seriös: https://de.wikipedia.org/wiki/Maslowsch ... hierarchie und "erklärt", na ja, relativiert, warum wir halt eben noch nicht soweit sind, wie wir meinen...

Das mit den Stadien der Hirnentwicklung ist genetisch festgelegt, läuft automatisch, sozusagen;
die Bedürfnisse müssen individuell in der Erziehung gewährleistet werden, sonst geht sie halt "schief", die Entwicklung.
Die "geistige Seite", also was auf der Vernunft-Ebene raus kommt, kann dann zur Kompensation genutzt oder auch ganz ausgebremst werden.
Damit ist natürlich nicht gesagt, die "moralische Entwicklung" ("ich selbst") sei ab nem gewissen Punkt determiniert, sie hat nur ne andere Dynamik, zeitlich gesehen.

Ja, soweit, so gut, ich denke, nicht nur mein Punkt ist klar, sondern auch, dass das am Wert und der Qualität des Ganzheitlichen Managements nicht wirklich kratzt.
Der liebe Mr. Savoy mag sich vielleicht auf charmant-konventionelle Art einfach nicht mit den Herrn Wissenschaftlern anlegen; aber eigentlich glaube ich, er hat es wirklich nicht gemerkt, das ist kein Trick, um die "Gegenseite" zu zwingen, sich zu demontieren.

Weil, vielleicht könnte ich es euch ja als "Weihnachtsgeschenk" unterjubeln:
das Ding mit der "esoterischen Komponente", also der Tatsache, dass es "das Mysterium" gibt und wir alle Eins sind, die ist ja auch noch da und der Kern von Wilbers Werk und dem Spiral Dingsda.
Und ich möchte ganz pragmatisch (und viktualisch) anmerken, dass die "Erkenntis der Göttin in mir" schlicht die Fähigkeit, einen Fehler auch bei mir zu FINDEN bedeutet. Den "Teufel" finden dürfen; nicht suchen müssen, sondern in meinem Hirnkasten lokalisieren und, naja, totkitzeln zu können.
Oder wenigstens den Fuss drauf stellen. Den Finger legen, was auch immer.
Fehlermanagement.
Ich selbst sein.

Nicht ganz "neues Denken", aber ein neues Werkzeug im Kasten: das Denken, das Fehlerhafte, menschliche.
Vom "entweder/oder" zur Feinabstimmung.

A propos: Manfred wäre es sicher lieber, wenn eine eventuelle Diskussion woanders geführt würde.
Mir eigentlich auch, ich wüssste jetzt aber auch nicht, warum ich einen neuen Faden deswegen aufmachen sollte.
Aber wenn, dann würde ich ihn unter "Forschungsbedarf" einstellen....


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