Desert Control - mit "flüssigem Nanolehm" aus Wüsten landwirtschaftlich nutzbare Flächen machen?

Poldi

Desert Control - mit "flüssigem Nanolehm" aus Wüsten landwirtschaftlich nutzbare Flächen machen?

Beitrag von Poldi »

Hallo,

bin kein Experte, mich würde Eure Meinung zu obiger Firma interessieren - funktioniert das oder handelt es sich um Betrug?

Laut Desert Control haben sie ein patentiertes Verfahren entwickelt, bei dem ein von ihnen hergestellter spezieller Nanolehm mit Wasser vermischt wird. Pro Quadratmeter Wüste sollen dann 40 Liter dieses Gemischs ausgebracht werden, dieses dringt etwa 40-60cm tief in den Boden ein und nach der Behandlung soll daraus landwirtschaftlich nutzbares Land entstanden sein, da der Nanolehm sowohl Wasser wie auch Nährstoffe speichern und das Wachstum von Mykorrhiza begünstigen soll.

Pro Hektar kostet die Behandlung 4800 USD, nach ein paar Jahren müssen nochmal rund 1000 USD pro Hektar investiert werden. Falls das Verfahren so wie beschrieben funktioniert - seht Ihr das auch so, dass diese Kosten im Vergleich zu dem, was man pro Hektar erwirtschaften kann, recht hoch sind und vermutlich der Grund, warum das Verfahren nicht schon viel verbreiteter ist?

https://www​.desertcontrol.com/

https://climatelaunchpad.org/desert-con ... improving/

Ted-Talk:


Danke!


Nakati
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Re: Desert Control - mit "flüssigem Nanolehm" aus Wüsten landwirtschaftlich nutzbare Flächen machen?

Beitrag von Nakati »

Hallo,

wenn du zum Patent verlinken könntest könnte ich vielleicht mehr dazu sagen als zu PR.

Aber: 90 kg Ton pro m2, in den Boden geschlämmt, erhöht die Water Holding Capacity (Wasserrückhaltung?) im Sand. Dazu noch Kuhmist(?), mit einer sehr hohen diversität an Mikroorganismen, auch Wachstumsfördernde. Tönt gut um kleine Flächen maschinell für intensive Kulturen in sandigen Gebieten mit Wasser bereitzustellen. Also mindestens 5 fünf Kriterien damit es machbar ist.
LG


Poldi

Re: Desert Control - mit "flüssigem Nanolehm" aus Wüsten landwirtschaftlich nutzbare Flächen machen?

Beitrag von Poldi »

Hallo Nakati,

bin mir nicht sicher, aber das müssten die Patente sein, um die es geht:

https://www.google.com/url?q=https://ww ... sp6BXcfkv6

https://www.google.com/url?q=https://pa ... iFddPdp2X7

Die konventionelle Methode war es, unter sehr großem Aufwand 90kg Lehm/Ton pro Quadratmeter Wüste einzubringen, er braucht nur 1kg und der wird einfach mit Wasser verrührt und aufgesprüht, versickert und mischt sich so selbst mit dem Boden.


Manfred
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Re: Desert Control - mit "flüssigem Nanolehm" aus Wüsten landwirtschaftlich nutzbare Flächen machen?

Beitrag von Manfred »

Das Problem hast du ja selbst schon genannt: Das ungünstige Verhältnis von Kosten zu Wirkungsdauer.
Bei dem Verfahren werden kleine Bentonit-Partikel in den Sandboden eingeschwemmt. Die Partikel überziehen die Sandkörner mit einer dünnen Lehmkruste. Im Lauf der Zeit wird das Material tiefer in den Boden gespült und die Wirkung lässt nach.

Das ist ein Verfahren, dass sich allenfalls auf sehr intensiv genutzten Bewässerungsflächen durch die Wassereinsparung und etwas schnelleren Humusaufbau rechnen kann.

Das führt naturlich sofort zur Frage, woher das nötige Wasser stammt und ob dieses (falls überhaupt nachhaltig) nicht anderweitig effizienter genutzt werden könnte.
Bei Wasserknappheit auf die verschwendereische Sprinkler-Bewässerung zu setzen, die zudem wegen der hohen Verdunstungsverluste oft Versalzungsprobleme nach sich zieht, ist für sich alleine schon fragwürdig.

Aus diesen Gründen wird es eine Nischenanwendung bleiben.


Poldi

Re: Desert Control - mit "flüssigem Nanolehm" aus Wüsten landwirtschaftlich nutzbare Flächen machen?

Beitrag von Poldi »

Danke für die Einschätzung!

Konventionelle Landwirtschaft mit Bewässerung ist nicht meins, aber es wird so oder so gemacht - wenn man mit der Methode schon mal die Hälfte des Wassers spart, ist das wenigstens ein Fortschritt?

Habe mir angesehen, was Geoff Lawton in Jordanien gemacht hat. Wenn er diese Methode bei dem von ihm nach Permakultur bearbeiteten Land vorher angewandt hätte, hätte das als zusätzliche Hilfe, als Beschleuniger gewirkt, ist das richtig?

Oder anders: um ein Stück Wüste dauerhaft zu begrünen, kann diese teure Methode hilfreich sein, die wichtigen Grundlagen dafür sind aber Permakultur, rotierende Beweidung usw., korrekt?

Danke.

Nachtrag: habe ich das richtig verstanden, dass er an dem Bentonit selbst nichts verändert, sondern dass der Bentonit beim Mischprozess mit Wasser so behandelt wird, dass er leicht einsickert?


Manfred
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Registriert: 31.03.2018, 12:46

Re: Desert Control - mit "flüssigem Nanolehm" aus Wüsten landwirtschaftlich nutzbare Flächen machen?

Beitrag von Manfred »

Die Frage ist halt immer, was man erreichen will.
Länder wie Saudi Arabien und Dubai haben viel Geld und sind gleichzeitig vollständig abhängig von Lebensmittelimporten.
Deshalb wird versucht, mit extrem subventionierter Landwirtschaft eine Teilversorgung im eigenen Land zu erreichen.
Da werden Ställe für hochleistende Holstein-Friesian Kühe in die Wüste gestellt und die Tiere dann tagsüber mit hohem Wasseraufwand mit Sprühnebel gekühlt, damit ihr Kreislauf nicht zusammenbricht.
Oder es wird Meerwasser mit hohem Energieaufwand entsalzt und damit landwirtschaftliche Flächen bewässert.
Oder es werden Bäume in die Wüste gepflanzt, die dann bei Ausfall der Bewässerung verrecken.
Technisch machbar ist vieles. Aber es ist halt meist weder wirtschaftlich, noch ökologisch noch sozial nachhaltig und damit früher oder später zum Scheitern verurteilt.
Dauerhaft funktionieren kann nur, was wirtschaftlich, ökologisch und sozial gleichermaßen funktioniert.
Deshalb scheitern auch fast alle gut gemeinten Entwicklungshilfe und PK-Projekte, die von irengendeinem finanzstarken Investor (egal ob staatlich, NGO oder privat) hingeklatscht werden. Sobald die Subventionen und/oder die personelle Unterstützung eingestellt werden, gehen diese Projekte den Bach runter.

Wenn du wirklich etwas erreichen willst, dann lerne von denen, die mit begrenztem Budget und Hilfe zur Selbsthilfe dauerhaft funktionierende Konzepte geschaffen haben.
Die natürliche Vegetation der Regionen mit sprödem Klima sind Steppen und Savannen mit den zugehörigen ziehenden Herden. Ebendiesen Herdenzu mit den noch vorhandenen Nutztieren zu simulieren bringt diese Biotope wieder in Gang und erhöht ihre Produktivität teilweise dramatisch. Damit gehen die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Vorteile Hand in Hand.
Wo das wegen hoher Besiedlungsichten nicht möglich ist, sind andere Techniken aus dem Permakulturbereich erste Wahl, um die Wasserretention wieder herzustellen. Siehe die "Miracle Water Village" Projekte in Indien und Äthiopien oder das Loess Plateau Projekt in China, wo mit dein reichlich vorhandenen billigen Arbeitskräften die Möglichkeiten der Wasserretention durch Erd- und Steinbauwerke genutzt wurden.
Egal, ob man Tiere oder Menschen oder beides dafür einsetzt: Die Priorität muss in solchen Regionen darauf liegen, die verfügbaren Niederschläge wieder effektiv zu machen und den Nährstoffkreislauf wieder zu schließen. Sprich die Niederschläge an Ort und Stelle zu versickern und so für Pflanzen nutzbar zu machen, und die so entstehende Biomasse in Tieren oder Menschen zu verdauen und wieder dem Boden zuzuführen satt sie in der Sonne oxidieren zu lassen, wegzukarren oder gar zu verbrennen.
Dazu braucht es nur Wissen und Fleiß.
Darauf, dieses Wissen zu erweitern und zu verbreiten, sollten sich Hilfsprojekte konzentrieren.
Und sobald auf diese Weise Überschüsse an marktfähigen Produkten entstehen, macht es auch Sinn, in die Verkehrsinfrastruktur zu investieren.


mairgans
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Re: Desert Control - mit "flüssigem Nanolehm" aus Wüsten landwirtschaftlich nutzbare Flächen machen?

Beitrag von mairgans »

es kann nur ein Hilfsmittel bzw. ein Werkzeug sein die Bodenfruchtbarkeit wieder herzustellen bzw. etwas zu begrünen.

Meistens ist gerade die fehlende Begrünung, Bodenbedeckung, bracher Boden das Problem bzw. die Ursache, dass es zu Wüstenbildung kommt.
Hat man begrünte Oberflächen, hat man weniger Verdunstung (Austrocknung der Oberfläche), die Biologie bleibt am Leben und die Chance dass sich Oberhalb wieder Wolken Bilden die dann regnen.

Pflanzenwachstum ist Voraussetzung für Bodenaufbau, und Wasserhaltefähigkeit. Daher muss immer Bewuchs da sein.

Wie schon von meinen Vorschreibern angesprochen, sehe ich in dauerhaft teuer subventionierte Projekte und Beregnung keine Lösung, da sich es nicht selbst trägt. Zum Starten ist es natürlich notwendig. Auch der Nanolehm und andere Werkzeuge.


Poldi

Re: Desert Control - mit "flüssigem Nanolehm" aus Wüsten landwirtschaftlich nutzbare Flächen machen?

Beitrag von Poldi »

Die Frage ist halt immer, was man erreichen will.
Wenn du wirklich etwas erreichen willst, dann lerne von denen, die mit begrenztem Budget und Hilfe zur Selbsthilfe dauerhaft funktionierende Konzepte geschaffen haben.
Danke Dir, Manfred!

20 Jahre Vorlaufzeit für das Miracle Water Village. Und eine Sandduene begrünen ohne maximalen Aufwand von aussen ist Utopie.

Noch viel zu lesen...


Manfred
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Registriert: 31.03.2018, 12:46

Re: Desert Control - mit "flüssigem Nanolehm" aus Wüsten landwirtschaftlich nutzbare Flächen machen?

Beitrag von Manfred »

Hast du ein konkretes Projekt, an dem du arbeitest?


Poldi

Re: Desert Control - mit "flüssigem Nanolehm" aus Wüsten landwirtschaftlich nutzbare Flächen machen?

Beitrag von Poldi »

Danke der Nachfrage,

es geht um ein extern finanziertes (also nicht kommerziellen Verpflichtungen unterworfenes) Modellprojekt, das möglichst nah an "Wüste begrünen" herankommen soll, mit möglichst wenig Eintrag von aussen und low tech, aber Lösungen, die überzeugen.

Wenn das funktionieren soll, braucht man Wasser. Air Wells sind keine Möglichkeit, viel zu viel Aufwand bei wenig Ertrag. Land an einem toten Flusslauf zu kaufen, wo man den jährlichen Regen auffängt, wäre schon realistischer, vielleicht sollte man hier aber Land nahe dem Meer kaufen und Meerwasser in simplen Anlagen verdunsten lassen?

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Solare_ ... entsalzung

Bin für weitere Ideen zur Realisierung dankbar!


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