Aber was versteht man unter regenerative Landwirtschaft? Dieses Wort ist schon fast so abgenutzt wie nachhaltig. Für mich bedeutet es mehr (Hand) Arbeit und weniger Kapitaleinsatz und arbeiten mit Hirn (nicht nur davon reden was gut wäre).
Oder was sind Kleinbauern? 5,50, 500, 5000ha? und dies schwankt von Region zu Region. Ich stelle mir immer die Frage ob wir so viel kapitalintensive Maschinen brauchen, damit wir erst ab ein paar 100 ha Leben können.
Weniger Geräte > mehr beschäftige in der LW
kleinere Geräte > weniger Bodenschäden durch Verdichtung und Brachialgewalt
usw.
Das ist in etwa auch das, was Charles und Perrine von La Ferme du Bec Hellouin (Frankreich) in ihrem Buch "Miraculous Abundance" schreiben. Sie zeichnen zuerst mal ihren Weg nach, wie sie zur Landwirtschaft kamen und wo überall sie sich inspirieren liessen und wie sie auf die harte Tour lernten ihren Hof rentabel zu machen, da sie ja anfänglich aus purem Idealismus einstiegen. In einem weiteren Teil widmen sie sich dann über mehrere Kapitel einer interessanten und recht detaillierten Zukunftsvision für Frankreich und die ganze Welt, bestehend aus einem Netzwerk von Kleinbauern, die das Land weitgehend von Hand und mit Arbeitstieren bearbeiten, indem man sich auf biointensiven Anbau und eher extensiv bewirtschaftete Methoden (Waldgärten, Beweidung etc.) fokussiert. Auf den Höfen werden à la Joel Salatin dann mehrere Geschäftszweige "gestapelt", die sich gegenseitig ergänzen, wodurch man Synergien nutzen, den Boden besser nutzen und gewisse Kosten sparen kann. Zudem gibt es ein Netzwerk an lokaler Arbeit, bei der neben landwirtschaftlich/gärtnerischen Tätigkeiten und Tierhaltung/Beweidungssysteme insbesondere das lokale Handwerk gestärkt werden soll, alles mit Fokus darauf, dass lokal produziert wird, kurze Wege, dass man möglichst viel vor Ort produzieren kann und eine hohe Selbstversorgung hat. Beim Verkehr wiederum sehen sie durch die Verknappung und Verteuerung von Treibstoffen die Abkehr vom Auto im Individualverkehr und eine Stärkung von ÖPNV und langsamer Fortbewegung mit Fahrrad, zu Fuss und mit Pferden (in diesem Zusammenhang war es für mich interessant, ich war vor einer Woche an der Nordsee auf der ostfriesischen Insel Juist, auf der es praktisch keine Autos gibt und Fahrräder, E-Bikes und Pferde-Fuhrwerke und Kutschen die Hauptverkehrsmittel darstellen. Das mal live zu sehen ist beeindruckend, allerdings sprechen sie damit offenbar ein eher älteres Publikum an, aber auch Familien mit kleinen Kindern sieht man öfters).
Was die Grösse eines Kleinbetriebes angeht, gibt es sicherlich regionale Unterschiede, allerdings ab welcher Grösse ein Hof rentabel betrieben werden kann, da gibt es schon Kennzahlen. In Frankreich gilt die Grössenordnung 1 bis 1,2 ha als untere Grenze, wobei natürlich auch Boden und Klima eine Rolle spielen (bei Wasserarmut braucht es deutlich mehr Fläche) und die wirtschaftliche Situation einer Region (Stichwort Absatzmärkte, Bodenpreise, Lebenshaltungskosten etc.).
Bei Biointensivem Anbau/Marktgärtnerei/SPIN-Farming (nach Jeavons, Coleman, Fortier etc.) oder wenn man sich spezialisiert, z.B. Kräuteranbau oder ähnlich, dann kann man unter Umständen schon mit deutlich weniger Platz auskommen, sprich beim biointensiven Anbau versucht man ja gerade die Fläche klein zu halten, damit man sie gut bewirtschaften kann.
Fred hat geschrieben: ↑18.04.2019, 00:15
Zum Buch: die Humusrevolution gibt es auch eine empfehlenswerte Web-Präsenz von den Autoren Ute Scheub und Stefan Schwarzer:
http://www.humusrevolution.de
Mit Blog zum Thema und Veranstalgungshinweise. Beachtenswert das
Manifest:
(...)
Vielleicht hätte das auch eine eigene Diskussionsseite verdient ....*grübel*
Durchaus, zumindest Schwarzer ist ja auch kein Unbekannter bei dem Thema. Das Buch steht bei mir auch noch auf der Wunschliste, zumal es interessante Themen zu behandeln scheint.
Was mich inspirierte, war neben "Miraculous Abundance" von Fukuoka "Sowing Seeds in the Desert", welches für meinen Geschmack nochmals besser strukturiert und flüssiger zum Lesen ist als "The One-Straw Revolution" (dt. Der Grosse Weg hat kein Tor), doch aber philosophisch sehr inspirierend und sicherlich keine leichte Kost. Daneben fand ich auch das Buch von Larry Korn, Fukuokas Schüler "The One-Straw Revolutionary" sehr lesenswert, welches das Thema nochmals aus einer etwas anderen Sicht beleuchtet und versucht die Philosophie dahinter verständlicher zu machen.
Im Zusammenhang mit Tierhaltung und Umgang mit Tieren fand ich von Temple Grandin "Animals in Translation" (dt. Ich sehe die Welt wie ein frohes Tier) sehr inspirierend und die kleine Lektüre von Alwin Seifert "Der Kompost", in welcher schon 1957 die Grundlagen des Kompostierens anschaulich erklärte und man auch etwas von den Umständen früher noch vermittelt bekommt. In eine ähnliche Richtung wie Seifert gehen auch die Bücher von Michael Machatschek (Hecken, Laubgeschichten, Nahrhafte Landschaft, etc.), in welchen er sich dem Thema altes Gebrauchswissen, bäuerliches Erfahrungswissen und Nutzung von heute in Vergessenheit geratenen Nutzpflanzen, darunter auch Bäume und Sträucher (was ja seit jüngerer Zeit mit der Permakultur wieder im Kommen ist, man denke an mehrjähriges Gemüse, Waldgärten & Co.).
Davon abgesehen finde ich immer noch die alten Folgen von Permaculture Voices Podcast von Diego Footer sehr inspirierend, zumal er viele interessante, auch nahmhafte Interviewpartner befragte und viele seiner Folgen auch die wirtschaftlichen Aspekte oder das Soziale und Beziehungen thematisieren, was oft ja eher sonst zu kurz kommt. Unter anderem gab es da sogar eine ganze Reihe von Aufnahmen einer Beratung, die Darren Doherty durchführte und in der er dann auch auf Hintergründe einging, was ihn beeinflusste und wie er vorgeht bei Hofberatung etc. Auch die Podcasts von Paul Wheaton (Betreiber von Permies.com) sind teilweise inspirierend, aber seine Art dürfte nicht jedermanns Sache sein, zumal er teilweise recht dogmatisch ist und einen ziemlich anarchistischen Stil hat (und er ist ein glühender Holzer Anhänger).